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Presse aktuell 2012
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Weiler Zeitung vom 8.9.12
Keiner von beiden tat den entscheidenden Schritt
Vor 200 Jahren hat Johann Peter Hebel Gustave Fecht zum letzten Mal in Weil am Rhein besucht
Weil am Rhein (sat). Sicher konnte Gustave Fecht
nicht ahnen, dass ihr einmal ein Denkmal gesetzt
werden würde. Gustave Wilhelmine Fecht, geboren
am 22. August 1768 in Eimeldingen, war ein
Spross aus der badischen Pfarrer-Dynastie Fecht.
Sie lebte im gehobenen Stand jener Zeit und
förderte aktiv das Weiler Dorfleben, erteilte
Unterricht in Frauenarbeiten, rief ein
Lesekränzchen für heranwachsende Mädchen ins
Leben und sang im Chor. Vor allem liebte sie
ihren Garten.
225 Jahre ist es nun her, dass Pfarrer Tobias
Günttert und seine Frau Caroline Auguste, geb.
Fecht, die jüngere Schwester Gustave sowie die
Mutter Caroline Magdalena Fecht, geborene
Kissling, zu sich ins kinderlose Heim ins
Kapitelhaus nach Lörrach holten. Ein Jahr später
lernte Johann Peter Hebel, ein enger Freund von
Tobias Günttert, in dessen Haus die damals
20-jährige Gustave Fecht kennen, die "von großem
schlanken Wuchs war und deren schönes Blau ihrer
Augen und das Blond voller Haarflechten ihr
Anmut und Reiz des Leibes verliehen". Gustave
galt als "durchdringende Klugheit mit
unerschrockener Tapferkeit, mit Gemüt und
Gefühl, aber mit einer Zurückhaltung, die an
Herbheit grenzte".
1790 wurde Tobias Günttert Pfarrer in Weil und
bezog mit Frau, Schwiegermutter und Schwägerin
Gustave das Weiler Pfarrhaus, den Domhof.
Gustave wurde zu Hebels Anziehungspunkt in Weil
und Hauptgrund seiner fast täglichen Besuche.
Hebel war bei der ganzen Familie willkommen und
mehr Familienmitglied als Gast. Man vergnügte
sich beim gemeinsamen Singen, Unterhalten und
bei Gesellschaftsspielen. Gustave und Hebel
verband ein inniges Verhältnis, aber keiner tat
den entscheidenden Schritt.
Im November 1791 nahm Hebel Abschied, um die
Stelle als Subdiakonus in Karlsruhe anzutreten.
Doch das vertraute Verhältnis blieb. Es setzte
ein reger und inniger Briefwechsel ein, der bis
zum Tode Hebels anhielt. Viele dieser Briefe
galten der "treuesten Freundin seines Herzens",
der "werthesten Gustave", der "liebsten Jungfer
Gustave".
Fünf Jahre nach seinem Weggang stattete Hebel
dem Weiler Pfarrhof einen Besuch ab, worauf
viele weitere folgten. Vor 200 Jahren, im Jahre
1812, besuchte Hebel ein letztes Mal die
Günttertsche Familie. Gustave sah Hebel zum
letzten Mal. Er war den beschwerlichen Reisen
nicht mehr gewachsen.
Gustave erhielt 1826 einen mit 31. Juli
datierten Brief mit dem Abschluss "Leben Sie
wohl, Teuerste. Ewig Ihr Hebel". Wenige Wochen
später starb Hebel am 22. September 1826 im
Alter von 66 Jahren. Es war nach 35 Jahren der
letzte Brief, den Gustave von ihm erhielt. Der
Briefwechsel zwischen den beiden gehört zu den
schönsten, die die Literaturgeschichte kennt.
Keine zwei Jahre später starb Gustave am 23.
April 1828, im Alter von 59 Jahren. Keiner von
beiden hatte je geheiratet.
Wahrscheinlich hätte sich kaum jemand an Gustave
erinnert, wenn nicht acht Jahre später, im
Nachlass ihrer verstorbenen Schwester, der
Pfarrwitwe Günttert, Hebels Briefe an Gustave
gefunden worden wären. 1880 wurde von
Hebel-Freunden an der Weiler Kirchenmauer zur
Erinnerung an "Hebels Freundin" ein marmorner
Gedenkstein gesetzt, ungefähr dort, wo Gustaves
Grab war. Vier Jahre zuvor wurde der Friedhof
außerhalb des Dorfes angelegt. Ihr Grabstein war
nicht mehr vorhanden. 1921 veröffentlichte
Hebelfreund Dr. Wilhelm Zentner alle bis dahin
bekannten Briefe von Hebel an Gustave. Ihre
Briefe an Hebel sind nicht erhalten.
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