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Presse aktuell 2012
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BZ vom 14.5.12
Hebel hätte seine helle Freude gehabt
Hebeldank-Träger Lieselotte Hamm und Jean-Marie Hummel trugen zum sehr heiteren Charakter des "Schatzkästlein" -Abends bei
Von unserer Mitarbeiterin Maja Tolsdorf
LÖRRACH. Kein bisschen brav und leise ging es am
Samstagabend im Burghof beim Schatzkästlein zu.
Bereits das Programm hatte mit dem Ensemble der
Musikschule und der Siegerin des Wettbewerb
"Hebel für heute" die Begegnung mit jungen
Menschen versprochen. Als Überraschung
entpuppten sich dann die Träger des Hebeldanks
2012, die nach der Preisverleihung ein wahres
Feuerwerk der guten Laune entzündeten.
So fröhlich geschwenkt wurde die
Hebeldank-Urkunde bisher wohl selten. Kurz
darauf tanzten die Mädchen der Markgräfler
Trachtengruppe Kandern, eben noch das
Schatzkästlein in den Händen, mit den
Preisträgern Lieselotte Hamm und Jean-Marie
Hummel Ringelreien auf der Bühne. Auch
Hebelbund-Präsident Hans-J. Schmidt ließ ich
nicht lumpen. Johann Peter Hebel, zu dessen
Ehren der Hebelbund das Wochenende mit
Schatzkästlein und Gottesdienst gestaltete,
hätte das sicherlich gefallen.
Zumindest mutmaßte dies Präsident in seiner
Rede. Witz, Charme und hintersinniger Humor
seien ein Bindeglied zwischen Hebel und dem
Ehepaar aus dem elsässischen Northeim. Weitere
Verbindungen seien das grenzüberschreitende
Leben, Denken und Handeln der Preisträger sowie
die Umsetzung der Kreativität in Chanson, Text,
Gedicht und Prosa.
Die rund 100 Menschen im Burghof ließen sich vom
frischen Wind aus dem Elsass jedenfalls gerne
mitreißen und klatschten und sangen mit.
Thematisch stand der Brückenschlag zwischen
scheinbar Unvereinbarem an diesem Abend im
Mittelpunkt. So waren auch die Preisträger ein
verbindendes Element: zwischen Mann und Frau
sowie über Landes- und Sprachgrenzen hinweg. Mit
ihrer Darbietung schlugen sie den Bogen zum
Publikum.
Laura Schächtele, Schülerin am
Theodor-Heuss-Gymnasium Schopfheim, war ein
Beispiel dafür, dass Hebels Literatur
Generationengrenzen überwindet. "Zwischen dem
Geburtstag von Laura Schächtele und dem Hebels
müssten die berühmten 250 Jahre liegen", sagte
Schmidt. Die Siegerin des Wettbewerbs "Hebel für
heute" präsentierte ihre Version der
Kalendergeschichte "Kannitverstan". Hebels
deutscher Handwerksgeselle, der erstmals
Amsterdam besucht, ist bei Schächtele ein
Japaner, der das Münchner Oktoberfest besucht
und glaubt, "I woaß net" sei eine Person.
Verbindungen und Freundschaft — das
thematisierte der christkatholische Basler
Theologe Michael Bangert in seinem Vortrag.
Scheinbar unüberwindbare Gräben hätten Hebel und
Ignaz Heinrich von Wessenberg mit Hilfe der
Lyrik überbrückt. Hebel war evangelisch, von
Wessenberg katholisch, Hebel lebte in Armut, von
Wessenberg machte als Theologe Karriere und
wurde 1812 Priester. Die erste Begegnung fand
1814 vor einer Zensurbehörde statt. Druck und
Verbreitung von Hebels Kalendergeschichte "Der
fromme Rat" sollte als "antikatholisch" verboten
werden. Aufgabe des Generalvikars des Bistums
Konstanz Ignaz von Wessenberg war es, das Werk
zu redigieren. Dennoch überwand die Freundschaft
der beiden wenig später die soziale,
konfessionelle und politische Kluft. 1821 könne
man einem Briefwechsel entnehmen, dass eine
Verbindung gewachsen sei. Darin sucht Hebel Rat
zu einer Formulierung im Gedicht "Am Grabe
Virgils" bei von Wessenberg und unterzeichnet
als aufrichtigster Verehrer und Freund.
"Kreativität und Literatur überwindet Grenzen,
damals wie heute", sagte Bangert, bevor Volker
Habermaier die Gäste zum Umtrunk einlud.
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