Presse aktuell 2012


BZ vom 7.5.2012

Heimat schaffen und bewahren

Ursula Hülse erhielt beim Hebelfest die Hebelplakette 2012

Von unserer Mitarbeiterin Silke Hartenstein

HAUSEN. "Gott wilche zum Hebelobe!" Kurzweilig und farbenfroh strahlte der Hebelabend in der vollbesetzten Festhalle die Behaglichkeit aus, die man mit Geschichten des Dichters Johann Peter Hebel verbindet. Dass etliche Festgäste in Tracht gekommen waren, passte bestens zur Verleihung der Johann-Peter-Hebel-Gedenkplakette an Ursula Hülse aus Denzlingen, die sich seit 38 Jahren als ehrenamtliche Geschäftsführerin des Bundes Heimat und Volksleben für den Erhalt von Brauchtum und regionaler Identität engagiert.

Der Ehrung voraus ging ein buntes Programm mit viel Musik, Gesang und dem herzerfrischenden Singspiel von Hausens Grundschülern. Mit dem festlichen Marsch der Medici eröffnete die Hebelmusik unter Dirigent Jean-Christophe Naas den festlichen Abend, gefolgt von einem Potpourri aus Giuseppe Verdis beliebtesten Werken, differenziert und klangvoll interpretiert. Bürgermeister Martin Bühler, dessen erster Gruß den alten Mannen und Frauen galt, freute sich über die vielen Abordnungen von Vereinigungen, die sich mit Hebel und seinem Werk befassen, von der Hebelstiftung über den Hebelbund bis zu den Hebelfreunden. Auch Landrätin Marion Dammann interessierte sich für das, was die Gemeinde jedes Jahr zu Ehren "ihres" Dichters auf die Beine stellt.

Beim Hebelabend werden einerseits Traditionen gepflegt, andererseits ist man auch offen für Neues wie Uli Führes pfiffige Vertonung des Hebelgedichts "Der allzeit vergnügte Tabakraucher" im Stile der Comedian Harmonists mit rhythmischen Scatgesangselementen und in ökumenischer Verbundenheit gesungen vom Gesamtchor der Hausener Kirchenchöre beider Konfessionen. Auch Florian Seiberlichs Vertonungen von Hebelgedichten kam gut an. "Eigentlich bin ich bei diesem Programmpunkt befangen" , so der wortgewandte Moderator des Abends Reinhard Seiberlich. "Seit Jahren singen wir in unseren Chören Hebellieder zu immer denselben Melodien" , fand er und gab seinem Sohn Florian den Impuls, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Da Florian Seiberlich, der heute in Tübingen lebt, mit dem Hebelfest aufgewachsen ist, fiel ihm das nicht schwer. Und so interpretierte er zur Gitarre in bester Singer/Songwriter-Tradition mit schöner Stimme, ausdrucksvoller Phrasierung und kräftigem Folkeinschlag das "Lied vom Kirschbaum" und "Der Winter" . Zum "Tod eines Zechers" wiederum passten die griffigen Bluesakkorde.

Johann Peter Hebels Faible für gewitzte kleine Ganoven, die mit ihren Schelmenstreichen die "besseren Leuten" durch den Kakao ziehen, zeigte sich bei seiner Kalendergeschichte vom "Zundelheiner und dem Brassenheimer Müller" , als heiteres Singspiel, dargeboten von der Klasse 4 der Grundschule Hausen. Regisseur Dieter Walz reicherte das pfiffige Geschehen durch nette Details an: So rollte der Müller auf einem Holzpferd über die Bühne, und der Friedstädter Wald wimmelte von Passanten, darunter auch Hebels Eselträger, die es allen recht machen wollen.


"Wir zeigen mit dem Tragen unseres Ehrenkleides, der Tracht, wo wir herkommen und wer wir sind."

Ursula Hülse, Trägerin der 53. Hebelplakette


Wie der Zundelheiner dem Müller das Pferd abluchste, war rundum vergnüglich anzusehen. Und dass der Gauner zwar die Hilfsbereitschaft des Müllers ausnutzt, doch später dem Eigentümer das Pferd wieder zurück gibt, ist ganz im Sinne der Moral, die in Hebels Geschichten nicht fehlen darf.

Im Sinne des geselligen Hebelabends waren die "Serenatas" , folkloristische Lieder aus den Anden, schön interpretiert vom Blockflötenensemble der Musikschule Mittleres Wiesental. "Ursula Hülse hat viele gute Fäden miteinander verwoben" , stellte Hebelkommissionsmitglied Elmar Vogt in seiner Laudatio auf die Trägerin der 53. Hebelplakette fest. Die von Ursula Hülse geführte Geschäftsstelle in Denzlingen ist zentrale Anlaufstelle des Bundes Heimat und Volksleben, dem 220 Trachtengruppen, -kapellen und historische Bürgerwehren angehören. Zu Hülses vielfältigen Aufgaben gehören die Betreuung und Beratung der Mitglieder, Vorbereitungen der Kreistrachtenfeste, die Pflege des Mundart-Theater-Archivs und der Homepage, die Mitwirkung an der Mitgliederzeitung "Der Lichtgang" und die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Trachten. Vogt: "Damit hat Ursula Hülse für viele Menschen ein Stück Heimat geschaffen und auch bewahrt" . Sichtlich gerührt bedankte sich Hülse: "Wir zeigen mit dem Tragen unseres Ehrenkleides, der Tracht, wo wir herkommen und wer wir sind."

Mit dem "Basler Marsch" als Hommage an die Basler Gäste der Hebelstiftung und mit "Hoch Badnerland" als Hommage an die Heimat ließ die Hebelmusik den Festabend ausklingen. Es folgten Geselligkeit und Gespräche bei Gugelhupf und Wein - denn, wie schon der Dichter sagte: "Ne Trunk in Ehre, wer will’s verwehre?"