Presse aktuell 2012


BZ vom 5.5.2012

Politikfreie Kunst im Kleinformat

Vor 65 Jahren erschienen die ersten "Hebel-Briefmarken" / V. K. Jonynas: Ein bekannter und doch unbekannter Graphiker

HAUSEN (elv). Kunstsammlern und Kunstliebhabern ist der Name des am 16. März 1907 in Udrija (Südost-Litauen) geborenen späteren Graphikers V.K. Jonynas wohl nicht unbekannt. Die Kriegswirren brachten den Litauer nach Freiburg im Breisgau, wo er 1946 die "Akademie der Schönen Künste" gründete und auch deren Leiter wurde.

Im zerbombten Nachkriegsdeutschland wurden seine Werke geradezu zum Symbol politikfreier Kunst, eines Neuanfangs und vielfach in deutschen Städten gezeigt, so zum Beispiel in Tübingen (1947), Baden-Baden, Frankfurt am Main und Konstanz (1948). So blieb es kaum aus, dass man sich im französisch besetzten Teil Deutschlands an V. K. Jonynas erinnerte, als es 1946 an die Planung und Realisierung eigener Zonen-Briefmarken für Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg ging.

Alles das, was über die allgemeinen Arbeiten von Jonynas gesagt wurde, muss auch über die von ihm entworfenen Briefmarken angeführt werden. Hier sind ihm die verschiedensten Themen gestellt worden: Porträts, Bauwerke und Landschaftsbilder stellen an ihn mannigfaltige Anforderungen. Zu den insgesamt 136 zur Ausführung gekommenen Briefmarken hat Jonynas 35 verschiedene Entwürfe geliefert.

Es scheint für alle Markenausgaben von Jonynas besonders charakteristisch, dass hier ein Künstler nicht nur den Entwurf liefert, sondern dass er darüber hinaus auch die technische Ausführung bis zum letzten Ausdruck leitet und persönlich überwacht. Dies ist vor allem in der Notzeit der ersten deutschen Nachkriegsmarken eine wichtige, keineswegs dankbare und nicht immer leichte Aufgabe. Jonynas hat sich im Laufe weniger Jahre zu einem echten Briefmarkenkünstler entwickelt, der unter den bekannten und bedeutenden Briefmarkenschöpfern der Nachkriegszeit und weit darüber hinaus genannt zu werden verdient.

In einer Zeit, als vor allem in Deutschland nach dem Kriege das gesamte Kulturleben wieder neu aufgebaut werden musste, vermittelte er wertvolle Anregungen und nahm mit ihm die Briefmarke einen verheißungsvollen Aufstieg. Man muss bedauern, dass diese Entwicklung nicht fortgeführt wurde. Es ist bemerkenswert, dass dieser begabte Künstler ab 1949 nicht mehr als Entwerfer weiterer Briefmarken in Erscheinung tritt. Vermutlich kam es nicht mehr dazu, weil Jonynas wohl spätestens 1949 Deutschland verließ.

Die Französische Zone umfasste als kleinste der vier Besatzungszonen nur zwölf Prozent der Fläche und zehn Prozent der Bevölkerung Deutschlands.

Die Französische Zone war überwiegend ländlich strukturiert mit nur einer Großstadt (Ludwigshafen), wenig industrialisiert und hatte dementsprechend ein vergleichsweise geringes Postaufkommen. Somit hat auch V. K. Jonynas deutlich gemacht, dass Briefmarken kleine Kunstwerke sind, die neben ihrer postalischen Funktion auch eine Botschaft in Form eines Zeichens vermitteln wollen, eben: Postwertzeichen.

Der Hebelabend der Gemeinde Hausen mit Verleihung der Johann-Peter-Hebel-Gedenkplakette findet am heutigen Samstag, 5. Mai, um 20 Uhr in der Festhalle statt. Wer die Plakette erhält, war gestern ein gut gehütetes Geheimnis.