Presse aktuell 2012


BZ vom 21.3.12

Alltag in Alemannisch — MundArt


Carola Horstmann aus Zell im Wiesental und Ulrike Derndinger aus Lahr in der Reihe "Literarische Begegnungen" des Hebelbundes

Von unserer Mitarbeiterin Johanna Högg

LÖRRACH. "Mundart ist nicht nur eine Sprache des Herzens, sondern auch des Verstandes" , weiß Volker Habermaier, der die zweite Veranstaltung innerhalb der neuen Reihe "Literarische Begegnungen" des Hebelbundes präsentierte. Bisher hieß die Reihe "Literatur grenzenlos" und viele Freunde gefunden. Ziel war und ist, literarische Gegenwart darzustellen in stetem Bezug zu Johann Peter Hebel.

Vergleichsweise wenige Zuhörer(innen) hatten sich am trüben Sonntagnachmittag im Hebelsaal des Museums eingefunden, um "MundArt" im Doppelpack zu hören. "Zwei Frauen, zwei Generationen, zwei Lebensentwürfe" war als Klammer gewählt für ein Hörvergnügen der besonderen Art: Carola Horstmann, aus Zell im Wiesental stammend und in Denzlingen lebend, Ulrike Derndinger, in der Ortenau groß geworden und als Redakteurin der Badischen Zeitung in Lahr tätig, lasen Gedichte und kleine Geschichten aus dem reichen Fundus ihrer Beobachtungen und Erfahrungen mit Mitmenschen aus verschiedensten Milieus. Beiden ist eigen, hinter dem vordergründigen Ereignis die stille Kehrseite zu sehen und sie — meist nur andeutungsweise — zu verknüpfen. Da macht es manchmal erst klick beim Zuhören, wenn schon die nächste Seite umgeblättert wird.

Beide Frauen sind Mehrfach-Preisträgerinnen in literarischen Wettbewerben, haben sich Meriten um die Mundart erworben und sind höchst unterschiedlich in ihren Interpretationen von Begebenheiten aus dem Alltag. Nachdenklich stimmend und anrührend oft bei Carola Horstmann (die Geschichte vom "Monele" ), prall voller Lebendigkeit und reich an bildhafter Wortgestaltung bei Derndinger (die Geburt eines Kalbes, bei der "Lebenssaft" fast körperlich spürbar wird). Die humoreske Seite kommt bei Derndinger voll zum Tragen, wenn sie die Vermischung des Alemannischen mit der "Wodka-Sproch" von Wladimir aus Kasachstan oder mit dem anglo-kanadischen "Speak" der Friseurin in Lahr mit rollenden "Rrrs" voll auslebt.

Richtig poetisch wird es bei Carola Horstmanns "Lindenberg" , wo die Berge in der Sonne schlafen — "e jede in sim Schoß e Tal" . Tröstliches zieht Ulrike Derndinger aus dem Freiheitsdrang eines in den Reben verloren gegangenen Hündchens oder aus der fasnächtlichen Begeisterung eines stillen Mannes, der im wirklichen Leben nicht viel zu lachen hat.

Volker Habermaier hatte am Beginn der Lesung von Goethes Verehrung für Hebels alemannische Gedichte erzählt und daran erinnert, dass die räumliche Entfernung vom heimatlichen Boden und dem fest im Gedächtnis verankerten Dialekt bei Hebel und wohl auch bei den beiden Frauen erst den Gestaltungswillen geweckt hat.

Informationen zu allen Veranstaltungen des Hebelbundes bei Volker Habermaier, Telefon: 97622-3173 oder eMail: vhaberna@web.de  oder Präsident Hans-Jürgen Schmidt, Telefon: 07627-7256, eMail: hageschmdre@gmx.de