Presse aktuell 2012


BZ vom 14.03.2012

Mehr als eine Herzensangelegenheit


Volker Habermaier moderiert die Schopfheimer Mundart-Literaturwerkstatt und betreut die Veranstaltungsreihe des Hebelbunds

Als er vor 17 Jahren nach Schopfheim kam, musste sich Volker Habermaier manchen Schwabenwitz anhören. "Aber ich hatte immer den deftigsten Schwabenwitz parat" , schmunzelt der gebürtige Ludwigsburger, der sich als Schwabe in Südbaden sehr wohl fühlt und mit dem Alemannischen nicht fremdelt. "Gefremdelt habe ich nie, weil ich die Sprache von der Oma her kannte" . Ein Teil seiner Verwandtschaft kommt aus Freiburg.

Seit er in der Markgrafenstadt lebt und arbeitet, hat der 49-jährige Germanist und Historiker, der am Theodor Heuss-Gymnasium unterrichtet und als Moderator der Schopfheimer Mundart-Literaturwerkstatt bekannt ist, die Qualitäten der Mundartliteratur und das Werk von Johann Peter Hebel schätzen gelernt. Nun hat Habermaier eine neue Aufgabe als Kulturveranstalter übernommen: Ab dieser Saison betreut er die neue Reihe "Literarische Begegnungen" im Hebelbund Lörrach und tritt die Nachfolge von Ralph Breisinger an, der zuvor unter dem Titel "Literatur grenzenlos" erfolgreich Lesungen, aber auch Vorträge und Konzerte organisiert hatte. Habermaier will sich auf ein ausschließlich literarisches Programm mit zeitgenössischen Autoren konzentrieren, die einen Bezug zu Hebel haben. Nach dem Auftakt im Februar mit dem Schriftsteller Urs Faes, der vorletztes Jahr auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises stand, sitzen bei der nächsten Lesung am 18. März zwei Mundartautorinnen, Ulrike Derndinger aus Lahr und die aus Zell im Wiesental stammende Carola Horstmann, auf dem Podium. Die dritte Lesung der Saison bestreitet der Schweizer Autor Markus Ramseier, der sowohl in Schriftsprache als auch in Mundart schreibt — wie das große Vorbild Hebel. Als vierte "Schiene" will Habermaier "etwas über Hebel und seine Zeit" bringen. Dazu hat er Bernhard Viel eingeladen, der aus seiner Hebel-Biografie liest.

"Diese vier Schienen sollen in der nächsten Zeit gefahren werden" , verrät Habermaier sein Konzept für die "Literarischen Begegnungen" : "Die Ideen gehen mir nicht aus" . Schon ist er im Gespräch mit "Großautoren" wie dem Hebelpreisträger 2010, Arnold Stadler, den er für eine Lesung 2013 "an der Angel" hat.

Zur Schopfheimer Mundart-Literaturwerkstatt kam der literaturbegeisterte Pädagoge durch seinen Kollegen am Gymnasium, Markus Manfred Jung: "Was literarische Maßstäbe anbelangt, ticken wir sehr ähnlich" . Wer Habermaier je als Moderator erlebt hat, ist begeistert von seiner charmanten Art, die Autoren vorzustellen, und seinem umfassenden Wissen über Literatur. Selbst schriftstellerisch tätig zu werden und Prosa oder Lyrik zu schreiben, reizt den Studiendirektor dagegen nicht: "Vermittelnd schreiben ja, aber nicht literarisch" . Als Moderator hat er den Anspruch, "dass ich mehr weiß als Wikipedia, dass ich gelesen habe, was die Autoren geschrieben haben, dass ich mich lange mit den Autoren beschäftige" . Dieses geballte Wissen in zwei, drei Minuten zusammenzufassen, bereitet Habermaier "ein didaktisches Vergnügen" . Durch die Literaturwerkstatt hat er entdeckt, "was Mundartliteratur leisten kann" : "Mundart ist nicht nur eine Sprache des Herzens, sondern auch des Verstands".
 
Roswitha Frey

Mund-Art Literatur-Werkstatt, 16. bis 18. März, Auftakt ist am Freitag, 20 Uhr, mit der Lesung im Weiler Stapflehus. Am Samstag arbeiten die sechs Autoren an ihren Texten in der Stadtbibliothek Schopfheim; um 20 Uhr findet die zweite Lesung statt, in St. Agathe, Schopfheim-Fahrnau.