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Presse aktuell 2011
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Weiler Zeitung vom 1.7.11
„Die alemannischen Gedichte sind Weltliteratur“
Kurzweiliger Hebelabend in Hertingen / Hebel-Experte Uwe Hauser glänzt mit Wissen aus erster Hand
Bad Bellingen-Hertingen (do). Er stellt sich auf
die Basler Wettsteinbrücke, hält junge Leute an
und fragt, ob sie das Lied „Z‘ Basel an mim Rhi“
kennen. Schuldekan Uwe Hauser scheut keine Mühen
und Selbstversuche, um seinemI dol Johann Peter
Hebel auf die Spur zu kommen, und er hat schon
Erstaunliches herausgefunden, was
literarisierende Hebel- Verehrer bisher
übersehen haben.
Kurzweilig, weil aus erster Hand und mit viel
Liebe aufbereitet, verlief deswegen der
Hebelabend in der Hertinger Kirche, der
eigentlich im Pfarrgarten hätte stattfinden
sollen. Petrus hatte mit einem kräftigen
Regenguss für die Verlegung des Treffens
gesorgt, das der Hertinger „Hebelschoppen“ und
die beiden evangelischen Kirchengemeinden
Hertingen und Kandern gemeinsam geplant hatten.
Kanderns Pfarrer Matthias Weber begrüßte das
Publikum und wies auf die über das ganze Jahr
gespannte Reihe von Hebelveranstaltungen hin.
Wie vertraut Hauser mit der Materie ist, zeigte
er gleich zu Beginn, als er das Publikum
auswählen ließ, ob er lieber über Hebel
allgemein oder über die alemannischen Gedichte
speziell sprechen sollte. Die große Mehrheit,
vertraut mit Leben und Werk des berühmten Mannes
aus dem Wiesental, war für „speziell“, sind doch
die alemannischen Gedichte der Dreh- und
Angelpunkt, an dem der Weltruhm Hebels
festgemacht ist.
Trotzdem gelang es Hauser viele biografische
Begebenheiten einzuflechten, sie durch
Vergleiche und eine entsprechende Wortwahl so in
die heutige Zeit zu transponieren, dass man
meinte, das Genie selbst gekannt zu haben.
Auf den Spuren Vergils und anderer antiker
Dichtergrößen wandelte Hebel, als er sich
entschloss, in seinem Heimatdialekt zu dichten.
Denn zu jener Zeit fand ein Gelehrter namens
Johann Heinrich Voss heraus, dass die antiken
Dichter nicht die jeweilige Hochsprache, sondern
Dialekte für ihre Textkunstwerke benutzten.
Hebel benutzte antike Versmaße wie den
fünfhebigen Jambus und antike Motive wie den
Lebensfluss („Die Wiese“): „Er schreibt wie ein
Autor der Antike“, stellte Hauser fest.
Vehement wehrte er sich gegen die
„Eingemeindung“ Hebels zum Heimatdichter, wie es
die Nazis versucht hatten mit dem Erfolg, dass
Hebel bis heute eine literarische Marginalie
darstelle und oft mit so „dunklen Vertretern“
wie Hermann Burte in einem Atemzug genannt
werde. „Hebel ist ein Weltgeltungsdichter, die
alemannischen Gedichte sind Weltliteratur“,
betonte Hauser. Seine Dichtkunst habe rein gar
nichts zu tun mit den harmlosen
„Klippklapp-Gedichtchen“, die sonst so am Markt
seien.
Hebel sei doppelbödig, hintergründig und
manchmal sogar bösartig, wenn man beispielsweise
die Geschichten vom Zundelheiner und
Zundelfrieder anschaue.
Mit Spannung dürfen die Ergebnisse der eigenen
Forschungen Hausers erwartet werden, der etwa
der im Gedicht „Der Schwarzwälder im Breisgau“
genannten Frau auf der Spur ist, die „imme
chleine Huus“ wohnt, von der Hebel sagt „gelt,
de meinsch, i sag der, wer?“. Der Trachtenverein
Kandern umrahmte den Abend mit alemannischen
Liedern, am Klavier begleitet von Elfriede
Hüttlin. Doch auch das Publikum kam zum Singen.
Mit der Klavierbegleitung von Hermann Mehnert
erklangen so schöne Lieder wie „Z‘ Müllen an der
Poscht“.
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