Presse aktuell 2011


BZ vom 27.06.2011

Einmal mit Hebel auf Radtour gehen

Der neue Literarische Radweg Lörrach-Bad-Säckingen ist eröffnet /
Das Velo in der Literatur


LÖRRACH (tm). Johann Peter Hebel war dabei, als der siebte Literarische Radwegs im Land am Sonntag im Museum am Burghof eröffnet wurde — jedenfalls sein Geist und sein Stuhl, den Museumsleiter Markus Moehring auf die Bühne des Hebelsaals gestellt hatte. Schließlich hat Hebel zwischen 1783 und 1791 im heutigen Museum, dem einstigen Pädagogium, als Lehrer gearbeitet und gewohnt. Hebel ist einer der Schriftsteller, die dem Radweg von Lörrach über Hauingen, Brombach, Schopfheim, Hausen im Wiesental und Dossenbach bis nach Bad Säckingen die Gedenkpunkte liefern. Daneben spielen Rolf Hochhuth, Max Picard, Martin Heidegger, Emma Herwegh, Joseph Victor von Scheffel und andere eine Rolle.

Etwa 40 Radfahrer waren gestern Morgen zur Einweihung des Radwegs ins Museum gekommen, um anschließend den Weg ein erstes Mal zu befahren. Orientiert an bestehenden Routen, sollen die Literarischen Radwege Landschaft auf neue Weise erfahrbar machen, indem sie an Literaturmuseen und -gedenkstätten oder an Handlungsorten von literarischen Texten vorbeiführen. Der in Lörrach startende Radweg ist der jüngste dieser Wege, 25 sollen es im Land werden, wie Thomas Schmidt berichtete. Kenntnisreich und nicht ohne Humor berichtete er bei der Eröffnung von dem nicht immer einfachen Verhältnis von Radfahren und Literatur. Der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien 1815 hatte im Jahr 1816 ein Jahr ohne Sommer zur Folge, das zu Ernteausfällen führte. Weil es nicht genug Futter für Pferde gab, kam Karl Drais auf die Idee, das Laufrad zu erfinden, und Goethe beschrieb in einem Brief kurze Zeit später, wie Studenten in Jena mit dem Laufrad umher fuhren, erzählte Schmidt. Großes Zukunftspotenzial sah man in der Erfindung allerdings nicht, und es dauerte fast ein halbes Jahrhundert, bis das Laufrad zum Fahrrad weiterentwickelt wurde, erst Anfang des 20. Jahrhunderts setze es sich als Fortbewegungsmittel durch.

"Die Naturerfahrung, die Radfahren ermöglichte, ist in der Literatur allerdings schon 100 Jahre vorher gemacht worden" , stellte Schmidt fest. Dennoch befasste sich die Literatur immer wieder auch mit dem Radfahren. H. G. Wells und Mark Twain taten das schon früh, wie Schmidt berichtete, Arthur Schnitzler fuhr erst begeistert Rad und bezeichnete das später als "ausgeträumten Traum" . Uwe Johnson maß dem Radfahren in "Das dritte Buch über Achim" eine bedeutende Rolle zu, und Uwe Timm schrieb "Der Mann auf dem Hochrad" , aus dem Schmidt eine Passage vortrug. Werner Bergengruen und Albrecht Goes beschrieben ihre Fahrradreisen literarisch. Man habe die Literarischen Radwege auch ins Leben gerufen, sagte Schmidt, um auf diesem Weg einen Zugang zur Literatur zu schaffen. Literatur und Tourismus in Einklang zu bringen sei indessen nicht immer ganz einfach: "Denn im Land der Literatur scheint nicht immer die Sonne" . Gerade in Lörrach freue man sich besonders, dass Radfahren thematisiert werde, sagte Bürgermeisterin Marion Dammann, die ihr Grußwort mit Hebels "Seltsamem Spazierritt" einleitete. Auch unter anderen Aspekten stehe das Thema im Vordergrund, und so freue man sich, dass Lörrach an der Strecke des Literarischen Radwegs liegt.