Presse aktuell 2011


BZ vom 24.6.2011

Dichter und Geschichte neu erfahren

Am Sonntag wird der literarische Radweg von Lörrach nach Bad Säckingen eröffnet / Johann Peter Hebel steht im Zentrum


Von unserem Redakteur Daniel Gramespacher

LÖRRACH/BAD SÄCKINGEN. Die Litera-Tour durchs Land erhält eine siebte Etappe: Am Sonntag wird der literarische Radweg von Lörrach über Schopfheim, Hausen und Dossenbach nach Bad Säckingen eröffnet. Im Zentrum der 50 Kilometer stehen Johann Peter Hebels Leben und Werk. Radtouristen begeben sich aber auch auf die Spuren Rolf Hochhuths, Emma und Georg Herweghs sowie Victor von Scheffel.

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Der Weg gehört zu einer Reihe von am Ende 25 literarischen Radwege, die unter dem Motto "Per Pedal zur Poesie" überwiegend auf bereits erschlossenen Routen Baden-Württemberg auf neue Weise erfahrbar machen sollen. Konzipiert als Tagestouren, die aber in längere Wanderungen eingebaut werden können, führen sie entlang von Literaturmuseen und -gedenkstätten, berühren Handlungsorte von Texten und weitere Schauplätze der Literaturgeschichte des Südwestens.

Im Wettbewerb "365 Orte im Land der Ideen" wurde das Projekt von Thomas Schmidts Marbacher Arbeitsstelle für literarische Museen als "Ausgewählter Ort 2010" ausgezeichnet. Schmidt und Studenten der Uni Freiburg, die mit ihm die Route ausgesucht und die Texte verfasst haben, sind am Sonntag bei der Tour auf dem thematischen Radweg (Info) dabei.

Ausgangspunkt ist das Lörracher Museum am Burghof, das früheren Pädagogium, in dem Hebel einst unterrichtet und gewohnt hat. Auf dem Denkmal im Hebelpark preist der zweite badische Erfolgsautor des 19. Jahrhunderts, wie es im Faltblatt zum Radweg heißt, Joseph Victor von Scheffel, Hebel mit dem Vers: "S’isch kein meh cho, der g’sunge het wie du" . Weil Mischehen zwischen lutherischen und reformierten Protestanten in Basel verboten waren, wurden Hebels Eltern 1759 in der Hauinger Kirche, einer weiteren Station des Radweges, getraut. Von dort geht es nach Brombach. Am Ortsausgang Richtung Steinen steht ein für Hebels Mutter aufgestellter Gedenkstein mit "Die Vergänglichkeit" . Mit diesem Gedicht beginnt Rolf Hochhuths "Eine Liebe in Deutschland" , an die ein Gedenkstein im Schlosspark erinnert. Der Roman erzählt von der Liebe einer Brombacherin zu einem polnischen Zwangsarbeiter im Dritten Reich. Der Pole wurde von den Nazis erhängt, seine Geliebte kam ins KZ.

Flussaufwärts führt die Tour nach Schopfheim, wo der jüdische Arzt und Kulturphilosoph Max Picard in der Hauptstraße 43 geboren wurde. Auch Hebel verbrachte wichtige Jahre in der Markgrafenstadt: Er besuchte dort die Lateinschule. Georg Herweghs "Deutscher Demokratischen Legion" schlossen sich 1848, so wird berichtet, in Schopfheim nur zwei Betrunkene und ein Hund an. Peter Lenks Installation, die Emma Herwegh, die einzige Frau der Legion, auf einer Kanone reitend zeigt, greift diese Episode auf. Eine Stunde Fußmarsch musste Hebel fast täglich in sein Heimatdorf Hausen zurücklegen, das die Frankfurter Allgemeine Zeitung als "einzigartiges literarisches Laboratorium" bezeichnete. Um das Hebelhaus und das Hebeldenkmal findet alljährlich am 10. Mai das Hebelfest zum Geburtstag des Dichters statt.

In Dossenbach erinnert ein Gedenkstein daran, dass den Revolutionären auf dem Gewaltmarsch zur Schweizer Grenze eine Verschnaufpause zum Verhängnis wurde. Württembergische Truppen rieben die Aufständischen in einem Scharmützel oberhalb des Dorfes auf. Etwa zu der Zeit flog Victor von Scheffel an den Hochrhein. In Bad Säckingen, dem Zielort der Radtour, war er Jurist im Bezirksamt, logierte im Hallwyler Hof und aß im Goldenen Knopf. Sein Erstlingswerk, "Den Trompeter von Säckingen" verfasste er 1853 zwar auf Capri. Trompeterfiguren, dem Kater Hiddigeigei und der vielfältigen Rezeption von Scheffels Werk begegnet der Besucher der Stadt Bad Säckingen aber bis heute auf Schritt und Tritt.

Mit dem Hebelwanderweg von Todtnau nach Basel, dem Hebelhaus und anderen Ausstellungen und Sehenswürdigkeiten ergebe sich mit dem Radweg ein stimmiges Gesamtangebot zum Thema Hebel in der Region, findet Johannes Steffan, Leiter der Stabsstelle Tourismus im Landratsamt Lörrach. Im Radtourismus sieht er noch viel Wachstumspotenzial und verweist auf den Südschwarzwald-Radweg, die Velo-Route Rhein, den Dreilandradweg, den Radbus auf den Feldberg und Angebote zu eBikes. Für Valentin Weislämle, Leiter des Studiengangs Tourismus an der Dualen Hochschule Lörrach, ist das Radfahren neben dem Wandern ohnehin das wichtigste Aktivitätsprofil im Tourismus der Region. Der themenspezifische Radweg öffne den Weg für zielgruppenorientierte Angebote und effizientes Marketing. "Wer den Umgang mit einer spezifischen Angebotspolitik am besten beherrscht, ist Gewinner im Wettbewerb um Kunden von Morgen."

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