Presse aktuell 2011


Der Sonntag vom 5.6.11

Auf den Spuren der Dichter

Ausfugstipp: Der neue LITERARISCHE RADWEG führt von Lörrach nach Bad Säckingen


Literarische Radwege gibt es Baden-Württemberg seit 2008. „Per Pedal zur Poesie“ ist das Motto. Jetzt kommt die vom deutschen Literarturarchiv Marbach ausgehende Initiative in die Region – an den Hochrhein und ins Markgräflerland.

Die Radwege, sagt Thomas Schmidt, sollen die Orte und Regionen auf neue Art erfahrbar machen. „Baden-Württemberg ist unvergleichbar, was die Dichte literarischer Orte betrifft“. Sagt der Leiter der Arbeitsstelle für literarische Museen, einer Abteilung des Marbacher Literaturarchivs. Angelegt als Tagestouren zwischen 30 und 50 Kilometern Länge, führen die Radwege entlang der Literaturmuseen und –gedenkstätten und streifen Handlungsorte von literarischen Texten und wichtigen Schauplätze der südwestdeutschen Literarturgeschichte. Sie verbinden Hochkultur und Tourismus und sind ein Stück Stadtmarketing. Städte und Gemeinden schmücken sich gerne damit, einst schreibende Berühmtheiten beherbergt zu haben, auch wenn sich diese mitunter dort nur wenige Tage aufhielten.

Johann Peter Hebel ist ein echtes Markgräfler Unikat und fest mit der Region verwurzelt. So bezieht der neue literarische Radweg zwischen Lörrach und Bad Säckingen, der am 26. Juni eröffnet wird, das Museum am Burghof mit ein, wo der Dichter in den 1780er Jahren – seinerzeit hieß das Haus noch Pädagogium – als Lehrer arbeitete. Der Weg führt am Hebel-Haus in Hausen im Wiesental vorbei, in dem er als Kind die Wintermonate verbrachte. Schopfheim ist eine Station, weil Hebel dort die Lateinschule besuchte und weil dort 1888 der Autor und Philosoph Max Picard geboren wurde. Es folgt Schwörstadt-Dossenbach, wo das Dichter- und Journalistenpaar Georg und Emma Herwegh im April 1848 bei der Badischen Revolution in einem Gefecht mit Regierungstruppen eine Niederlage erlitt. In Bad Säckingen ist Endstation: Dort war der Schriftsteller Viktor von Scheffel 1850/51 Rechtspraktikant am Bezirksgericht. Im Scheffel-Zimmer des Säckinger Hochrheinmuseums sind Portraits des Dichters, Zeugnisse seines juristischen Wirkens und verschiedene Ausgaben seiner Bücher, darunter die seltene Erstausgabe seines wohl berühmtesten Buches, dem „Trompeter von Säckingen“, erschienen 1854.

Und auch der moderne Schriftsteller Rolf Hochhuth kommt entlang des Radweges vor. Weil er die wahre Geschichte einer verbotenen Liebe zwischen einer Deutschen und einem polnischen Zwangsarbeiter 1941 in Lörrach Brombach zum Vorbild für seinen Roman „Eine Liebe in Deutschland“ machte.

Der genaue Verlauf des literarischen Radwegs im Markgräflerland steht noch nicht fest. Er wird aber in jedem Fall Hartheim mit Staufen, Mülheim und Badenweiler verbinden. Hartheim ist eine Station, weil dort der Bestsellerautor und Anglistik-Professor Dietrich Schwanitz („Der Campus“) lebte. Staufen ist als angeblicher Sterbeort Fausts dabei, außerdem verbrachten hier der Dichter Peter Huchel und Erhart Kästner ihre letzten Lebensjahre. In Müllheim käme die Erinnerung an den Schriftsteller Rudolf Borchardt in Betracht, der dort im Ersten Weltkrieg lebte. Badenweilers Vergangenheit ist reich bestückt mit literarisch bedeutenden Persönlichkeiten – dem russischen Dichter Anton Tschechow, dem Amerikaner Stephen Crane, Hermann Hesse, René Schickele, Annette Kolb und Gabriele Wohmann.

Miteinbezogen sind auch hier die Literaturmuseen: in Hartheim den „Salmen“, in dem Schwanitz zuletzt lebte, in Staufen das Stubenhaus, wo Ausstellungen zu Huchel und Kästner vorbereitet werden, in Müllheim das Markgräfler Museum, das um eine Literaturabteilung erweitert wird, und in Badenweiler der „Tschechow-Salon“. Für diese Erinnerungsorte gibt es aus Marbach Geld – 25 000 € für Müllheim und mindestens 10 000 € für Staufen.

Hans Christof Wagner

> DER LITERARISCHE RADWEG zwischen Lörrach und Bad Säckingen ist der siebte dieser Art in Baden-Württemberg. 30 Wege sollen es einmal werden. Weitere Informationen gibt es im Internet unter: www.literaturland-bw.de/radwege