Presse aktuell 2011


BZ vom 9.5.2011

Hebelplakette für die Elsässerin Liliane Bertolini

Literatur

Von unserer Mitarbeiterin Silke Hartenstein

HAUSEN. Mit Musik, Gesang und Lyrik feierte Hausen das Andenken an "seinen" Dichter Johann Peter Hebel. Den Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlug Schriftstellerin und Liedermacherin Liliane Bertolini aus Colmar, diesjährige Trägerin der Johann-Peter-Hebelgedenkplakette. "Hebelfreunde sind meine Freunde" , sagte sie in ihrer Ansprache.

Bertolini kämpft auf der anderen Seite des Rheins um den Erhalt ihrer elsässischen Muttersprache, als literarische Brückenbauerin schreibt sie ihre Texte in Deutsch, Französisch und Elsässisch. Ihr Credo: "Wir müssen unserer Wurzeln pflegen, deshalb sind wir hier versammelt von allen Seiten des Rheins." Das Treffen von Freunden der Mundart in Hausen, so Bertolini, sei Hebels wegweisendem Entschluss zu verdanken, die "Alemannischen Gedichte" dereinst in seiner Muttersprache zu veröffentlichen.

Wie in jedem Jahr galt Bürgermeister Martin Bühlers erster Gruß beim Festabend den Alten Mannen und Frauen des Dorfs. Sein besonderer Dank ging an die Feuerwehrleute und Kräfte des THW und DRK für das Zusammenwirken beim Großbrand in der Brennet-Lagerhalle — auch am Samstagabend hingen noch Rauchwolken über dem Gebäude, immer noch waren Feuerwehrleute vor Ort. Ihnen galt der große Applaus der Besucher in der voll besetzten Festhalle.

Humorvoll und souverän führte Reinhard Seiberlich durchs Programm. Er fasste, wie einst Hebel in seiner Geschichte "Unverhofftes Wiedersehen" , große Ereignisse wie Tsunami und Fukushima mit einem "Unterdessen" zusammen und fragte: "Kann man angesichts der Dinge, die passieren, so noch feiern?" Seiner Meinung nach könne man das durchaus, denn, wie schon Hebel befunden habe, müsse das Leben trotz aller Vergänglichkeit immer weiter gehen.

Zum zweiten Mal führten die Hebelmusik Hausen unter Dirigent Jean-Christophe Naas und mit Erzähler Beat Trachsler die Vertonung von Hebels "Unverhofftes Wiedersehen" auf, die Geschichte des verunglückten Bergmanns zu Falun, dessen durch Vitriol konservierter Leichnam 50 Jahre später von seiner damaligen Braut in Empfang genommen wird. Wie Hebel große Gefühle punktgenau in wenig Worte fasste, ist beeindruckend. Beeindruckend ist auch das junge, mitreißende Werk des Komponisten Frédéric Unterfinger, der gekonnt die Stimmungen der Erzählung aufgreift, von der Vorfreude auf die Hochzeit bis zum stillen Glauben der gealterten Braut an die Wiederauferstehung: "Was die Erde wieder gegeben hat, wird sie ein zweites Mal auch nicht behalten." Für ihre Leistung erntete die Hebelmusik wohlverdienten Applaus.

Lyrik der Gegenwart bot Claudia Kist-Johansen mit ihren sensiblen Betrachtungen zum Begriff Heimat. Mit ihren Gedichten an ein Neugeborenes, bunte "Akelei-Tage" im Mai, den Zauber des Herbstlaubs und des Tagesanbruchs — "Er schüttelt die Träume aus den Flaumfedern der Wolken" — schuf die zierliche Raitbacherin stille Momente der Besinnung. Sodann spannte der ökumenische Gesamtchor unter Dirigent Michael Brogle den melodischen Bogen von Mozarts lieblichen Liedern zu Uli Führes moderner, swingender Vertonung des Hebelgedichts "Der allzeit vergnügte Tabakraucher" .

Kampf gegen den Verfall einer ehrwürdigen Sprache

Es folgte der Einzug der Flöten spielenden "Spielleyt" in die Halle. Unter Anita Waibels temperamentvoller Leitung entführte das Blockflötenensemble der Musikschule Mittleres Wiesental die Festgäste in die Epoche der Renaissance. "Was uns über die Grenzen hinweg verbindet, sind unsere gemeinsame Sprache und Kultur" , stellte Edgar Zeidler in seiner Laudatio auf die Trägerin der Hebelplakette fest. Seit 1960 verleiht die Gemeinde diese Auszeichnung an Menschen, die sich für Hebels Vermächtnis, den Erhalt der Mundart oder des heimatlichen Brauchtums engagieren. Die kulturell vielseitig engagierte Elsässerin Bertolini, so Zeidler, sei eine tatkräftige Kämpferin wider "die sprachliche Nivellierung", den Verfall einer ehrwürdigen Sprache und das Austilgen volkstümlicher Sitten und Gebräuche.

Mit dem "Basler Marsch" als musikalischen Gruß an die Schweizer Nachbarn und "Hoch Badnerland" sorgte die Hebelmusik für das passende Finale, mit Gesprächen bei Badischem Wein und Gugelhupf klang der Hebelabend aus.