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Presse aktuell 2011
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Der Sonntag vom 8. Mai 2011
Gesicht der Woche
Hebelplaketten-Preisträgerin Liliane Bertolini
Natur als poetisches Gemälde
Das streng gehütete Geheimnis wurde bei der
Lesung im Hausener Hebelhaus am Freitagabend
gelüftet: Die elsässische Dichterin Liliane
Bertolini aus Colmar ist Trägerin der
Hebel-Gedenkplakette 2011. In der gesamten Regio
sind die Sprachkünste der dichtenden
Gymnasiallehrerin bekannt. Beim Hebelabend 2009
in Hausen und auf mehreren Lesungen im Hebeljahr
2010 hat sie die Zuhörer mit ihrer Poesie
begeistern können und eine Tafel mit ihrem
Gedicht vom „scheene Mai“ bereichert den
Dichterweg im Elsass. Es sei für sie eine Ehre,
im neu gestalteten Hebelhaus aus ihrem Werk
lesen zu dürfen, freut sich Liliane Bertolini
und meint gleich zu Beginn: „Der Atem wird uns
nie ausgehen, wenn wir unsere Sprache sprechen.“
Liliane Bertolini ist eine leidenschaftliche
Kämpferin für ihre elsässische Muttersprache.
Suspekt seien ihr Dichter und Schriftsteller,
die sich mit unaussprechlichen Zungenbrechern
auf die Suche nach Anerkennung begeben, meint
die Dichterin. Sie versuche so zu schreiben,
dass es jeder lesen und verstehen und
interpretieren könne.
In einer Kurzgeschichte nimmt sie ihre Zuhörer
mit auf eine poetische Busreise nach Schloss
Linderhof am türkisgrün schimmernden Plansee
entlang, überlässt es der Fantasie des
Betrachters, ob ihn ein ausgetrocknetes
Flussbett begleitet oder verfolgt, und lässt ihn
in die Farbenpracht der Blumenwiesen am Wegrand
eintauchen. Ihre Mutter habe Landschaften
gemalt. Sie aber versuche die Schönheit der
Natur als poetisches Gemälde in ihren Gedichten
zu beschreiben, erzählt Liliane Bertolini.
Der Humor komme in den für die Lesung
ausgesuchten Gedichten und Geschichten dem
feierlichen Anlass entsprechend zwar etwas zu
kurz, sie könne aber auch humorvoll schreiben,
erklärt sie fast entschuldigend. Offenbar hat
sie da nur kokettiert, denn in den vorgetragenen
Texten ist viel feinsinniger Humor versteckt. Im
nächsten Jahr werde sie ihre Lehrtätigkeit
beenden. Ihre Schüler hätten ihr viel gegeben
und sie sei daran gewachsen, sagt Liliane
Bertolini. Habe sich ihre Schreibkunst bisher
auf Gedichte beschränkt, wolle sie sich künftig
intensiv als Schriftstellerin verwirklichen.
Edgar Steinfelder
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