Presse aktuell 2010


MT vom 25.11.2010

„Seit zwei Jahren war ich nie heiter“

Professor Hans Berthold berichtet beim „Krone“-Frühschoppen von Hebels Krankheiten und Tod

Kleines Wiesental (hf). Nach den vielen Festreden und Vorträgen im Jahr des 250. Geburtstags von Johann Peter Hebel mag der große Theologe, Pädagoge und Dichter vielen als der heiter-besinnliche Autor der Kalendergeschichten und der alemannischen Gedichte im Gedächtnis geblieben sein. Dass Johann Peter Hebel auch ein zeitlebens kranker und bei seinem Ende schwer leidender Mann war, stellte der Freiburger Professor Hans Berthold in seinem Vortrag beim „Krone“-Frühschoppen am Sonntag klar.

Gleichzeitig lüftete der Hebelexperte im Wirtshausmuseum das Geheimnis um die Todesursache des großen Dichters. Mit einem Zitat des Dichters zeigte Berthold einleitend, dass für Hebel die Einheit von Seele und Körper „das unteilbare Ich“ des Menschen ausmachte; er verwies auf die Wechselwirkungen, die ein leidender Körper auf das Seelenleben und die Empfindsamkeit eines Menschen ausüben kann. Nach einem Abriss von Hebels Biographie konzentrierte sich Hans Berthold in seinen Ausführungen auf die Selbstzeugnisse Hebels aus Briefen sowie Arztberichte und den Sektionsbericht, der nach Hebels Tod angefertigt worden war.

Johann Peter Hebel klagte schon früh in seinen Briefen über Koliken, Katarrhe mit Krampfhusten sowie Zahnweh und Entzündungen im Mund- und Rachenbereich. Die chronische Bronchitis mag mit Hebels Tabakkonsumzusammenhängen, hatte man doch schon dem Studenten Hebel den Spitznamen „Knaster“ verpasst. Als bedeutender sollte man die Wechselwirkungen zwischen Körper und Seele betrachten, legte Professor Berthold dar.

Die Trennung von der Heimat und der Aufenthalt und die Pflichten, die Hebel in seiner Zeit als Lyceums-Direktor und Prälat in Karlsruhe aufgebürdet wurden, erlebte er nach eigenen Aussagen als „Fluch und Verdammnis“.

Als extreme Belastung erlebte es Hebel, dass ihm seine Dienstpflichten die Möglichkeit nahmen, die Arbeit an seinen alemannischen Gedichten fortzusetzen. In seinen letzten Jahren verdüsterten die ständigen Beschwerden das Leben Hebels. Er fühlte sich stumpf, melancholisch, und alle Lebensfreude war ihm verloren.

„Ich sterbe täglich“, schrieb er 1812, „es sind mir alle Freuden am Leben vergangen.“ Und 1821 heißt es in einem Brief: „Seit zwei Jahren war ich nie heiter“. Hebel klagte über Unterleibsbeschwerden; Besucher schilderten, dass sein Gesicht und seine Hände zitterten. Nach einer Kahnfahrt auf Rhein und Neckar im Jahre 1826, die Hebel als äußerst beglückend empfand, hatte er die erste Ahnung seines Todes. Kurz darauf starb er in Schwetzingen.

Im Sektionsbericht, der nach Hebels Tod erstellt wurde, wurden als Todesursache ausgedehnte Verwachsungen und chronische Ausstülpungen im Darm festgestellt, ein Dickdarmkrebs, der zu Darmverschluss und einem Aufbruch des Darmes führte, der zu Hebels Tod führte. Die Doktorarbeit, in der Hans Berthold seine Arbeitsergebnisse zusammenfasste, liegt seit 1960 vor. Trotzdem wird auch in neueren Hebel- Biographien noch häufig Magenkrebs als Todesursache angegeben. „Es gibt halt viele Hebel-Trittbrettfahrer“, schmunzelte der heitere Emeritus, „aber Sie wissen es jetzt besser.“

Auch das Schlusswort von Professor Berthold verdient es zitiert zu werden: „Johann Peter Hebel war ein großer Mensch und Dichter, Hebel zu lesen, kann nie zu viel sein.