Presse aktuell 2010


Die Oberbadische vom 27.10.10

Hebelschoppen glich einst „vorderösterreichischer Chilbi“

Feier im Bürgersaal startet mit traditioneller Verspätung

Bad Bellingen-Hertingen (jut). Es kam wie immer beim Übergang zum gemütlichen Teil des Hebelschoppens: Die Uhrzeitplanung war Geschichte, als sich mit einer Stunde Verspätung gegen 16 Uhr dann endlich rund 200 Gäste mit Kaffee und Kuchen vom Männerchor aus Hertingen versorgt hatten und bereit waren, Liedern, Gedichten und Vorträgen zuzuhören. Die Sänger aus Hertingen steuerten mit Dirigent Günter Meyer Lieder bei, Margot Meyer und die kleine Elena Bolanz trugen - passend zum Hertinger Wappen - das Gedicht vom „Mann im Mond“ vor, das Trio „Blauenwind“ und Werner Richter zitierten alemannische Gedichte und sangen Lieder. Die Moderation übernahm Hans-Werner Oettlin.

Ein Schoppen sei der Platz dörflicher Nachrichten, meinte Bürgermeister Christoph Hoffmann - beim Hebelschoppen selbst erlebe die alemannische Sprache beim Austausch von Nachrichten jedes Mal eine Neuauflage.

Viele Namen sind mit 100 Jahre Hebelschoppen verbunden - insbesondere mit den „Häuptlingen“, die über diese Zeitspanne den Hebelschoppen am Leben erhielten. Professor Sütterlin, Ernst Kammüller, Albert Eisele, Adolf Kammüller, Eberhard Stotz und Karl Mannhardt waren einige, die Volker Scheer in seinem Rückblick auf 100 Jahre Hebelschoppen nannte. Wirklich bemerkenswert waren aber Details, die Scheer „ausgegraben“ hatte.

So fanden bereits 1898 Hebelfestspiele in Kandern statt, von denen ein findiger Fotograf Bilder machte, die dann auf Postkarten gedruckt wurden. Von den „Hebelspielen“ wurde auch in der „Gartenlaube“ berichtet.

Am 25. September 1910 wurde die Gedenktafel für Hebel am Hertinger Pfarrhaus enthüllt. Im „Rössle“ in Hertingen, wo man den Schoppen abhielt, machte der Wirt Nägelin dann im Jahr 1919, den Hebelschöpplern einen Strich durch die Rechnung was das Feiern anging: „Der Rösslewirt Nägelin wird modern und streikt“, zitierte Scheer. Da mussten die die Feiernden dann Richtung Tannenkircher „Ochsen“ wandern.

Damit der Schoppen nicht länger als „vorderösterreichische Chilbi“ begangen wurde, wählte man ab 1920 die Unterteilung in Hebelgedenken und Hebelschoppen. Nach dem Krieg wurde dann wieder in der Hertinger Kirche und im „Rössle“ gefeiert. 1980 ging es dann in den Bürgersaal. Bürgermeister Hoffmanns Vorgänger im Amt, Kurbjuweit, kommt in den Annalen nicht gut weg, denn einen Tag vor dem Hebelschoppen im Jahr 2003 setzte er die Veranstaltung kurzfristig per Zeitungsnotiz ab. Dass der Hebelschoppen nun wieder viele Leute anzieht, ist Karl Mannhardts Verdienst, der sich nun wiederum auf Bürgermeister Christoph Hoffmann verlassen kann.