Presse aktuell 2010


BZ vom 26.10.2010

Mit Johann Peter Hebel als Wegweiser durch die Altweiler Gassen

Stadtführerin Monika Merstetter bot zum Hebel-Wochenende einen Gang durch Altweil bei Nacht und brachte den Teilnehmern den Mann im Mond ein wenig näher

WEIL AM RHEIN (nos). Der 250. Geburtstag von Johann Peter Hebel war für Stadtführerin Monika Merstetter Anlass, mit einer Nachtführung durch Altweil des Heimatdichters zu gedenken. Rund 50 Zuhörer verfolgten unter dem Motto "Der Mann im Mond oder Altweil bei Nacht" ihre interessanten Ausführungen. Gespickt mit Hebel-Gedichten, gab sie allerhand Wissenswertes über die Geschichte des kleinen Rebdorfes zum Besten — schade nur, dass sich der Mond hinter den Wolken versteckte und die Führung nicht begleiten wollte.

Mit dem Hebel-Gedicht "Der Mann im Mond" begrüßte die Stadtführerin auf dem Lindenplatz die erwartungsvollen Nachtschwärmer. Im Jahr 786 wurde die Alt-Weiler Kirche erstmals erwähnt, die eigentlichen Gründer sind unbekannt, aber ein gewisser Ercanbert schenkte damals seinen Anteil dem Kloster St. Gallen, erklärte Monika Merstetter. Der Friedhof war rund um die Kirche angelegt, auf der geweihten Stätte wurden die Bewohner nebst dem Adel aus Ötlikon, dem späteren Friedlingen, begraben. So fanden dort unter anderem der Junker Adalbert VI. von Bärenfels sowie der hochadelige Junker Hannibal III. von Bärenfels ihre letzte Ruhe, was verschiedene Grabplatten dokumentieren.

1874 wurde der Friedhof an seinen jetzigen Standort verlegt. Aus der Friedhofsordnung von 1926 zitierte Merstetter einige Passagen. Die Dienstanweisung der Totengräber für Bestattungen erster und zweiter Klasse rief bei den Zuhörern nur ungläubiges Kopfschütteln hervor.

"Immer minem Licht nooch" , forderte Monika Merstetter das Publikum auf und steuerte den nächsten geschichtsträchtigen Ort an. Das heutige evangelische Gemeindehaus, der Domhof, wurde 1569 erbaut. Bekanntheit erlangte er durch Gustave Fecht, die langjährige Freundin des Heimatdichters Johann Peter Hebel. Über die Beziehung der beiden wurde viel spekuliert und es gibt zahlreiche Thesen, warum die beiden nicht geheiratet haben. Gustave Fecht eröffnete 1792 dort eine Winterschule, in der die Weiler Mädchen neben Nähen und Stricken auch Lesen und Schreiben lernten. Eine Fecht-Gedenktafel wurde 1880 an der Altweiler Kirche angebracht.

Beim Bläsihof, der sich seit 1808 im Besitz der Familie Lienin befindet, informierte Merstetter über Hebels Kalendergeschichten, die er für den Rheinischen Hausfreund verfasste. Die Hebelschule wurde 1880 errichtet und zum Gedenken nach dem Heimatdichter benannt. Über das Gasthaus Schwanen, wo früher als einziger Brauerei im "Rebdorf" Bier gebraut wurde, wusste die Stadtführerin einiges zu berichten, denn im Kirchenarchiv hatte der frühere Pfarrer Ulbrich mehr als 300 Protokolle über die Verfehlungen der damaligen Bürger entdeckt.

Auch in der Tüllinger Straße gab und gibt es historische Gebäude, eines steht heute noch. Der Schriftsteller und Politiker Anton Fendrich lebte drei Jahre hier in Weil. Aus seinem Werk "Schauinsland" las Merstetter ein kleines Kapitel "Der Rhein" vor.

Vor 300 Jahren hatte Weil zwar nur rund 800 Einwohner, aber fünf Wirtshäuser, das älteste, die "Krone" , wurde 1505 erbaut und war mehr als 200 Jahre lang Gemeindestube, in der die Sitzungen der Ortsbehörde und Gemeindeversammlungen stattfanden. Nach 90 Minuten und einigen Anmerkungen über die Schauspielerin Hilde Ziegler endete der sehr informative Abend, als es gerade zu regnen begann.