Presse aktuell 2010


BZ vom 22.10.10

Klingende Hebel-Poesie

Hans-Jürgen Wäldele vertonte Hebel-Gedichte neu / Junge Kantorei führt sie am Sonntag auf

Von unserem Mitarbeiter Herbert Frey

WEIL AM RHEIN. Den Reigen der so unterschiedlichen Hebel-Würdigungen, den das Kulturamt zum 250. Geburtstag des Dichters vom 22. bis zum 24. Oktober über die Bühne gehen lässt, beschließt am Sonntag, 24. Oktober, um 20 Uhr die Junge Kantorei Weil mit einem Konzert in der Altweiler Kirche, bei dem sie Hebels Poesie zum Klingen bringt. Alle Texte sind dabei von Johann Peter Hebel, während die Musik ausschließlich aus der Feder von Kantorei-Leiter, Komponist und Oboist Hans-Jürgen Wäldele stammt. Das Programm enthält vier Uraufführungen.

"Die Lust war sofort da", beschreibt Hans-Jürgen Wäldele jenen Moment, als ihn Kulturamtsleiter Tonio Paßlick fragte, ob er sich eine Beteiligung am Geburtstagsreigen mit Neuvertonungen von Hebel-Gedichten vorstellen könne. Der alemannische Dichter bedeutet für Wäldele nämlich keineswegs Neuland, denn seit Jahren setzt er sich intensiv mit dessen Werk auseinander. Als Anonymus vertonte er beispielsweise das kleine Gedicht "Auf einem Grabe", das er für das Novemberkonzert 2003 der Kantorei in einen einfachen, traditionellen, "himmeltraurigen" Tonsatz goss. Ähnlich verfuhr er jetzt mit weiteren kurzen Gedichten Hebels wie etwa "Trost", die er in traditionelle Harmonien kleidete. "Auf den Tod eines Zechers" ist ein weiteres Gedicht, bei dem der Chor in eingängigen Melodien schwelgen kann.

Der Haupt-Fokus liegt aber auf der Vertonung des langen Gedichtes "Wächter in der Mitternacht" . "Das hat mich beim wiederholten Lesen der Hebel-Gedichte geradezu angesprungen", sagt Wäldele. Entsprechend habe er schnell das Grundgerüst für die Musik im Kopf gehabt. Diese ist in der modernen, ganz individuellen Tonsprache des Komponisten gehalten. Auch wenn der Grundeinfall spontan kam, beschreibt Hans-Jürgen Wäldele die Ausarbeitung der endgültigen Gestalt als harten Kampf. Denn das Gedicht ist sehr lang, die einzelnen Strophen, in denen sich der Nachwächter Gedanken über die letzten Dinge macht, sind alle in ähnlichem Tonfall gehalten, so dass es für Wäldele galt, der Gefahr der Monotonie mit immer wieder neuen Variationen zu begegnen. Die Rolle des Wächters wird der Schweizer Tenor Hans-Jürg Rickenbach, mit dem Hans-Jürgen Wäldele schon einige Projekt verwirklichte, übernehmen, ein Quintett aus fünf eher tiefen, dunklen Instrumenten sowie der Chor, der dabei schwierige Sätze zu bewältigen hat, begleiten ihn dabei.

Auch Wäldeles Vertonung der "Vergänglichkeit", die er für Sopran (den Solopart übernimmt Birte Niemann) und Englischhorn verfasste, darf nicht fehlen.

Es werde kein sehr lautes Konzert, sondern eines mit melancholischer Grundstimmung, in die ironische Einsprengsel gewoben werden, kündigt Wäldele an. Die Musik sei ambitioniert, aber durchaus eingängig, gefällig und illustrativ.

Das Programm wurde in intensiven Proben in relativ kurzer Zeit einstudiert, wobei zu Probenbeginn der Kompositionsprozess noch längst nicht abgeschlossen war. Der Chor, diesmal in etwas kleinerer Besetzung, erlebte die Entstehung der Werke also hautnah mit. Dass es sich um Auftragsarbeiten handelte, die ihn unter Zeitdruck setzten, empfand Wäldele dabei nicht als negativ. Im Gegenteil: "Je enger die Grenzen, je größere Luftsprünge kann die Fantasie machen. Nur Widerstand gibt Kraft, während die Freiheit lähmt", so der Komponist, der beim Konzert kurze Erläuterungen zu den einzelnen Stücken geben wird.

Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten.