Presse aktuell 2010


BZ vom 19.10.2010

Ein wacher Blick auf Hebels Schätze

Autor Markus Manfred Jung und Liedermacher Uli Führe nehmen sich des Themas "Heimat" an

STEINEN (ros). Locker, humorvoll, mit viel Charme, Esprit und ironischem Augenzwinkern: So präsentierten sich der Mundartautor Markus Manfred Jung und der Liedermacher Uli Führe bei ihrem gemeinsamen Auftritt in der Aula des Schulzentrums in Steinen. Zum Auftakt der VHS-Veranstaltungen zum Thema Heimat betrachteten Jung und Führe das "Heimatgefühl" einmal von der satirischen, heiteren und kritischen Seite. Ein prominenter literarischer "Gast" durfte bei diesem Programm "Be-heimatet" natürlich nicht fehlen: der große alemannische Dichter Johann Peter Hebel, dem die beiden Interpreten auf ihre besondere Art die Reverenz erwiesen.

So eröffnete Uli Führe den vergnüglichen Abend mit einigen neuen Hebel-Vertonungen. Als Komponist hört Führe intensiv in diese bekannten Texte hinein, gewinnt ihnen musikalisch frische Farben und neue Töne ab. In seinen Versionen klingen die Hebel-Gedichte vom "Allzeit vergnügten Tabakraucher" oder von "Hans und Verene" mal anders als gewohnt, witzig, pfiffig, durch die Musik noch in der lyrischen Textur, im Wortklang betont, wenn Führe süffisant davon singt, wie gut dem Tabakraucher die Pfeife schmeckt, oder vom Maidli schwärmt, das "e Gsichtli het wie Milch und Bluet" und "Auge wie ne Stern" . Er habe erst in diesem Jahr mit Vertonungen von Hebel-Texten begonnen, erzählte der Liedermacher, und einige davon bekamen die Zuhörer als Uraufführung zu hören. Sehr eindringlich im neuen musikalischen "Gewand" klangen "Der Mann im Mond" und vor allem "Das Spinnlein" . Wunderbar greift Uli Führe in diesem Loblied auf die oft geschmähte Spinne im Gitarrenspiel das feine Gewebe der Fäden und der filigranen Spinnennetze ein.

Auch Markus Manfred Jung begann seinen Beitrag mit einer Hommage an Hebel. "Hebel aktuell" war das Stichwort, Hebel als früher Aufklärer. Als solcher tritt er in dem Gedicht "Das Habermus" hervor, das man glatt im Biounterricht lesen könnte, wie Jung schmunzelnd meinte. Hebel schildert darin den "Werdegang" vom Keim bis zum Haferbrei. Auch mit dem Thema Heimat hat sich der Lyriker Jung intensiv beschäftigt und las dazu einige Gedichte aus seinen Bänden "Halbwertsziit" und "Hexenoodle" . Auf den Punkt gebracht, nachdenklich hinterfragend und mit Brüchen in der Idylle reflektiert Jung, was für ihn Heimat bedeutet: eine Landschaft, bestimmte Orte und vor allem die alemannische Sprache.

Auch eine gute Portion Ironie, Satire und trefflich genaue Alltagsbeobachtungen spielen in Jungs Sicht auf Heimat mit, etwa in dem witzigen Text "Feschtleritis" , in dem er die herbstliche Überfülle an Straßen-, Dorf-, Wein- und sonstigen Festen glossiert. Ebenso amüsant und in pointiertem Wortwitz geschrieben ist seine Satire über den "Schwämmlichrieg" , wahre Wildwestszenen unter Pilzprofis, die im Wald um die besten Pilzfundorte kämpfen. Liedermacher Uli Führe stand dem nicht nach an hintergründigem Humor und (Selbst-)Ironie und unterhielt das Publikum aufs Beste mit Liedern wie "Mi Autobiografie" : Da singt der "Bähnlersohn" über Stationen seines Lebens, und man darf raten, was wahr und was erfunden ist. Wie viel absurde Komik in alltäglichen Situationen liegen kann, davon erzählt Führe in seinem Lied von Didis Amischlitten oder in "Single sucht Singelin" , einem süffisanten Lied über die Partnersuche im Internet und die Treffen mit den diversen Kandidatinnen, die allesamt ihre Macken haben. Der Abend gipfelte in ihren "Leidensberichten" vom Zahnarztbesuch in Lied- und Glossenform — das traf doppelt den Nerv des Publikums.