|
Presse aktuell 2010
|
MT vom
9.10.10
Stimm(en)genuss und Akustikfrust
Geschichten und Lieder von Johann Peter Hebel in der Eichener Dorfkirche
Schopfheim-Eichen (gd). Im Rahmen der Eichener
Sonntagsmusiken hatte Anne Ehmke aus Lörrach
zusammenmit zwei Gitarristen und der aus Hamburg
stammenden und heute in Berlin lebenden
Schauspielerin Nina Hoger einen Abend mit
Prosa-Texten und alemannischen Gedichten von
Johann Peter Hebel gestaltet.
Die Musik zu den alemannischen Liedtexten und zu
dem in hochdeutscher Sprache verfassten
„Abendlied“ stammte diesmal nicht von Hebels
Zeitgenossen C. L. Müller, J. Benedict,
Christian Haag und Martin Vogt, wie sie zum
großen Teil noch heute gesungen werden, sondern
in einer ganz anderen Art von Anne Ehmke selbst,
die jazzig mit starker Gitarrenbegleitung die
Texte interpretierte.
Im Gegensatz zu der am Abend angebotenen CD mit
Liedern und Geschichten von Hebel waren die
beiden Elektro-Gitarren derart verstärkt, dass
der Gesang von Anne Ehmke unterging. Man
rechnete offenbar nicht mit der halligen Akustik
des Eichener Kirchleins. Es war schade, dass die
Texte zu „Hans und Verene“, „Auf den Tod eines
Zechers“, „Das Hexlein“, „Der Soldat nach dem
Krieg“, „Auf einem Grabe“ und „Abendlied“ völlig
übertönt wurden und damit untergingen. Dabei
verfügt Anne Ehmke über eine sehr flexible und
ausdrucksstarke Stimme. Doch was nutzt dies,
wenn sie zugedeckt wird? Was hätte Hebel am Ende
gesagt? Merke: Man muss die Akustik vorher
prüfen und danach handeln.
Umso mehr genoss man die Sprechstimme der mit
dem Bundesfilmpreis und dem Robert-Geisendörfer-
Preis ausgezeichneten Schauspielerin Nina Hoger,
die in manchen Tatort-Filmen oder in Filmen wie
„Die Bertinis“, „Enthüllungen einer Ehe“, „Dr.
Sommerfeld“, „Willkommen in Babylon“ und „Die
Pfefferkörner“, um nur einige zu nennen, bekannt
geworden ist. In den „Erzählungen aus dem
Rheinländischen Hausfreund“ bewies sie ihre
vorbildliche Sprechkunst. Die Geschichte vom
1809 geschriebenen „Kannitverstan“ mit seinen
Irrtümern und schließlich doch eindrücklichem
Ende, „Das letzte Wort“ von 1813 (Der Schreiber
an die Wand schreibt seine eigenen Schand),
„Lange Kriegsfuhr“ von 1812 (vom guten Knecht
und vom guten Meister) und schließlich als
Höhepunkt des Abends Hebels wohl berühmteste und
ergreifendste Geschichte „Unverhofftes
Wiedersehen“ von 1819, bei der manchem Hörer die
Tränen kommen.
Das „Abendlied“ (wenn man aus dem Wirtshaus
geht) leitete zum gemütlichen Ausklang über.
|
|
|
|