Presse aktuell 2010


Weiler Zeitung vom 7.10.10

Ein besonderes Schatzkästlein zu Hebels 250. Geburtstag

Stadt feiert den großen Dichter / Ungewöhnliche Veranstaltungen an ausgesuchten Orten



Weil am Rhein. Die Feier zum 250. Geburtstag des Dichters, Theologen und Pädagogen Johann Peter Hebel hat in diesem Jahr in ganz Baden-Württemberg die unterschiedlichsten Veranstalter kreativ werden lassen. Weil am Rhein hat ein Wochenende im Herbst gewählt, um mit acht ungewöhnlichen Veranstaltungen an elf ausgesuchten Orten den Dichter der „Vergänglichkeit“, des „Unverhofften Wiedersehens“ und der alemannischen Gedichte zu würdigen.

Vom 22. bis 24. Oktober finden in privaten Wohnungen, Gewölbekellern oder Studios, in den typischen Kulissen Hebels wie der Gastwirtschaft oder der Altweiler Kirche, an deren Einweihung Hebel vor über 200 Jahren selber zugegen war und in deren Schatten sich die für Hebel so inspirierende Beziehung zu Gustave Fecht entwickelt hatte, die Veranstaltungen statt.

Den von Goethe und Jean Paul geschätzten Zeitgenossen, den im 20. Jahrhundert Franz Kafka, Walter Benjamin, Kurt Tucholsky oder Bert Brecht, Ernst Bloch, Martin Heidegger oder Elias Canetti genauso würdigten, stellt das Kulturamt Weil am Rhein in einem Mosaik unterschiedlichster Begegnungen vor: in Lesungen, Erläuterungen, mit Jazz-Musik und sogar einem Konzert mit neuen Vertonungen seiner Gedichte sollen Klischeevorstellungen entrümpelt und ein facettenreiches Verständnis seines Werkes ermöglicht werden. Mit Schauspielern, Kabarettisten, Autoren über Hebel, Prominenten, Musikern und einem Chor heften sich die Organisatoren Tonio Paßlick und Sabine Theil und die Besucher an die Spuren der „alemannischen Drossel aus dem Schwarzwald“, wie der von Hebel hoch verehrte Jean Paul den Dichter einmal genannt hat. „Hebel bedurfte zur Nähe stets auch der Ferne“, heißt es in einem aktuellen Buch von Heide Helwig.

Keiner konnte in wenigen Sätzen existenzielle Grundwahrheiten so anmutig mit der pfiffigen Beiläufigkeit eines Jahrmarkts-Moritatensängers verbinden, keiner so bestrickend „aus dem damals verachteten Alltagsdialekt Poesie zaubern, aus Alltagsbanalitäten Witz und aus alten Geschichten Funken neuer Spannung schlagen“, wie Bernhard Viel in einer anderen Biografie schreibt. „Hebels Heimat war die Welt. Die Welt der Dichtung. Das Alemannische seine Weltsprache“, wie der diesjährige Johann Peter Hebel- Preisträger Arnold Stadler in einem Essay schrieb. Weil es ein Fest ist, das auch in Weil am Rhein gefeiert wird, sind Essen und Getränke im Eintrittspreis an den zuweilen sehr kleinen Schauplätzen wie dem Wohnzimmer des Meierhofs am Mühlenrain oder dem Gewölbekeller der Familie Kolz in Ötlingen, der Raumfabrik Weil in Friedlingen in einem der ersten Gebäude von Herzog & de Meuron oder dem Blauen Saal des „Hirschen“ in Haltingen enthalten.