Presse aktuell 2010


 
Konradsblatt 19 – 2010 vom 9.5.10

Er war evangelischer Theologe, Prediger, Pädagoge, Naturforscher, Landtagsabgeordneter, Professor. Und Dichter und Schriftsteller. Womöglich der bedeutendste, den Baden und der alemannische Sprachraum hervorgebracht haben. Eine Laudatio auf Johann Peter Hebel.


Literatursommer 2010 beleuchtet Leben und Werk von Johann Peter Hebel pdf zum Download

Alle zwei Jahre veranstaltet die Baden-Württemberg- Stiftung den Literatursommer als landesweites Festival. 2010 dreht sich alles um Johann Peter Hebel.

Von Peter Kohl

„Johann Peter Hebel: Theologie – Humanismus – Sprachzauber“, lautet das Motto des fünften Literatursommers Baden-Württemberg. In mehr als 130 Veranstaltungen an 55 Orten in ganz Baden-Württemberg werden Leben, Wirken und Wirkungsgeschichte des großen Schriftstellers gewürdigt, der sich auch als Kirchenmann, Pädagoge und Politiker einen Namen gemacht hat.

In seinem Werk versuchte Hebel auf undogmatische Weise Theologie und Aufklärung zu versöhnen. In den volkstümlichen Kalendergeschichten, die oft die einzige Lektüre der bäuerlichen Landbevölkerung waren, vermittelte er auf unterhaltsame Weise Denkanstöße und lebensfreundliche moralische Lehren.

Hebel, der am 10. Mai 1760 in Basel geboren wurde und am 22. September 1826 in Schwetzingen starb, machte durch seine alemannischen Gedichte die Mundart seiner südbadischen Heimat literaturfähig. Seine Kalendergeschichten, die er für einen badisch-lutherischen Landkalender verfasste, zählen zum Kanon der deutschen Literatur. „Kannitverstan“ und „Unverhofftes Wiedersehen“, zwei dieser Geschichten, die 1811 mit anderen Texten im „Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes“ erschienen, wurden zu Klassikern der Schulbuchliteratur und gehören immer noch zu den populärsten Erzählungen im deutschen Sprachraum.

Zur Veranstaltungsreihe der Baden-Württemberg-Stiftung gehört auch die Wanderausstellung „Johann Peter Hebel – bewegter Geist, bewegtes Leben“, die im Museum am Burghof in Lörrach stattfindet. Im ehemaligen Lörracher Pädagogium, in dem Hebel von 1783 bis 1791 als Hilfslehrer beschäftigt war, sind neben mehr als 100 Originalen aus der reichhaltigen Sammlung des Museums, darunter Hebels Lehnstuhl, 26 raumhohe Bildtafeln mit Texten des Hebelexperten Franz Littmann aufgebaut, die einprägsam über Leben und Wirken Hebels informieren.

Der Clou der interaktiven Literaturausstellung sind aber acht Mitmachstationen, an denen sich Erwachsene und Kinder aktiv, ohne Zuhilfenahme eines Computers, mit den Ausstellungsthemen befassen können. So gibt es die Möglichkeit, mit einem Federkiel Briefe zu schreiben wie einst der rege Briefschreiber Hebel oder mithilfe eines Legespiels die Bedeutung alemannischer Begriffe aus Hebels Gedichten zu entschlüsseln Die Infotafeln und ein Teil der Mitmachstationen begeben sich ab August auf Wanderschaft und werden bis ins Jahr 2011 hinein in weiteren Städten des Landes ausgestellt.

Am 9. Mai wird im Hebelhaus in Hausen im Wiesental, wo er einen Großteil seiner Kindheit und Jugend verbrachte, eine Dauerausstellung eröffnet. Sie befasst sich vor allem mit den alemannischen Gedichten und den Anfängen des Dichters, der als Sohn einer früh verwitweten Dienstmagd in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs.

Acht Veranstaltungen zum Literatursommer finden in Karlsruhe statt, wo Hebel 35 Jahre seines Lebens verbrachte, die meisten seiner Texte verfasste und als Gymnasialdirektor, als erster Prälat der aus der reformierten und der lutherischen Gemeinschaft entstandenen Landeskirche Badens und als Abgeordneter des badischen Landtags zu den herausragenden Persönlichkeiten zählte. Dabei geht es unter anderem auch um Hebel als interreligiöser und interkultureller Mittler.