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Presse aktuell 2010
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Die Oberbadische vom 29.6.10
Hebel aus neuer Sicht
Die Hebel-Biografin Heide Helwig liest im Museum am Burghof
Von Beatrice Ehrlich
Lörrach. Packend und präzise hat am
Sonntagmorgen Heide Helwig aus ihrer im Mai
erschienenen Biografie Johann Peter Hebels
vorgetragen.
Etwa 40 Zuhörer hatten sich trotz des
strahlenden Sonnenscheins zur Hebel- Matinee im
Museum am Burghof eingefunden, um die Autorin
aus Salzburg zu hören.
Ein Trompetentrio von der Musikschule Lörrach
umrahmte die Lesung musikalisch. Ralph
Breisinger, Vizepräsident des Lörracher
Hebelbunds, freut sich, die Verfasserin einer
der beiden im laufenden Hebel-Jahr erschienenen
Biografien dem Lörracher Publikum persönlich
präsentieren zu können.
Auch Frau Helwig ist erfreut: Schließlich war
Lörrach eine der Wirkungsstätten des Mannes, mit
dem sie sich in den vergangenen Jahren intensiv
beschäftigt hat. Eine Reise auf den Spuren des
Schriftstellers und Kirchenmanns hat sie bereits
zu Beginn ihrer Recherchen nach Hausen,
Hertingen, Lörrach und Basel geführt.
Für ihren Vortrag hat Helwig verschiedene
Themenschwerpunkte aus ihrer Biografie
ausgewählt. Eine erste Passage beschreibt, wie
Hebel, nach dem selbstbestimmten Abschluss
seines Theologiestudiums in Erlangen erst
20-jährig beim Pfarrer Schlotterbeck in
Hertingen eine Stelle als Hauslehrer antritt.
Um Pfarrer zu werden, ist er noch zu jung.
Bereits in diesem Abschnitt wird Helwigs
besondere Herangehensweise an Hebels
Lebensgeschichte deutlich. Es interessiert sie
das „Warum?“, das „Wie?“, das, was den Dichter
im Innersten bewegte. So zieht sie oft
indirekte, wenn auch nicht unbekannte Quellen zu
Rat. Über die Lörracher Zeit geben etwa die im
Nachhinein an die Freundin Gustave Hecht
gerichteten Briefe Auskunft. In ihnen tritt
sowohl ein fröhlicher, ausgelassener, aber auch
strenger und besorgter junger Hebel zutage, der
sich im Hertinger Pfarrhaus augenscheinlich
wohlfühlte. Doch sein Schicksal heißt Karlsruhe.
Dort, in der Distanz zum geliebten Südbaden
macht er Karriere und führt in privater Hinsicht
ein einsames Leben. Ein selbstgewählter Weg,
eine Flucht? Zwischen den beiden Polen Freiheit
und der (verlorenen) Geborgenheit der Kindheit
ist Hebels Persönlichkeit hin- und hergerissen.
Der lebenslange Kontakt mit Gustave Fecht ist
ein weiterer roter Faden in Hebels Leben. Trotz
des regen Briefverkehrs verharrt die Beziehung
zu der Jugendfreundin sowie auch zu anderen
'platonischen' Bekanntschaften im
Freundschaftlichen. Der Grund dafür bleibt das
Geheimnis des alemannischen Dichters, auch
Helwig kommt ihm nicht auf die Spur.
Im Anschluss an die Lesung erhält die Salzburger
Autorin viel Lob von Hebel- Kundigen und
ausgewiesenen Hebel-Fans aus dem Publikum.
Insbesondere Frauen scheinen mit ihrem nach
Themen geordneten Ansatz etwas anfangen zu
können. Eine Dame gesteht, sie habe „drei Meter
über Hebel im Regal“, und dennoch Neues
dazugelernt. Bei Heide Helwigs Buch handelt es
sich nicht um ein wissenschaftliches Werk. In
aktueller Sprache, gut lesbar und um heutige
Fragen kreisend, hat sie ein Buch geschaffen,
das Kenner sowie Entdecker Hebels gleichermaßen
zu bilden und zu unterhalten versteht.
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