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Presse aktuell 2010
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BZ vom 28.06.2010
Den Zeitgenossen und Mitbürgern Hebels nachgespürt
Ortssippenbuch von Schopfheim, Hausen, Gersbach liefert Einblicke in die Entwicklung der Gemeinden / Vorstellung im Hebelhaus
HAUSEN (sil). "Ein Schatzkästlein wie das
Hebelhaus", nannte Bürgermeister Martin Bühler
das Ortssippenbuch von Schopfheim, Hausen und
Gersbach. Rund 40 Besucher kamen zu dessen
Präsentation ins Hebelhaus, viele erwarben das
1132 Seiten starke Werk gleich an Ort und
Stelle.
27 Monate lang hatte die aus Historikern und
Laien bestehende "AG für das zukünftige
Markgräfler Familiennamenbuch" Kopien und
Originale alter Kirchenbücher gewälzt und sich
mit dem Entziffern Jahrhunderte alter
handschriftlicher Eintragungen geplagt — nicht
jeder Pfarrer verfügte über eine schöne
Handschrift. In Hausen wurden Eintragungen zu
600 Kernfamilien, über 2000 Einzelpersonen, in
den Kirchenbüchern von 1740 bis 1810 erfasst. Ab
1740 war Hausen eine eigene Pfarrei, frühere
Eintragungen stehen in Schopfheims
Kirchenbüchern. Ab 1810 wiederum mussten
Pfarrämter Kopien ihrer Kirchenbücher für die
Behörden anlegen.
Für den Hausener Part des Sippenbuchs übernahm
ab Mitte 2009 der Historiker Klaus Schubring die
Verantwortung. "Wir Hausener sind die Nachkommen
der Mitbürger von Johann Peter Hebel." Dies, so
Schubring, habe er mehrmals gehört. Doch im Zuge
der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und in
Folge des Zweiten Weltkriegs hätten sich hier
immer wieder Auswärtige angesiedelt: "Viele
Hausener haben auch Wurzeln im Oberen Wiesental,
in Ostpreußen und Slowenien." Wessen Vorfahren
wirklich Hebels Mitbürger waren, ist jetzt
belegt. Auch für die Hebelforschung, so
Schubring, werde das Hausener Ortssippenbuch von
Bedeutung sein: Es sei nun einfacher, Menschen
zu identifizieren, die dem 1760 geborenen
Dichter als literarische Vorlage gedient hatten
— dass sich Charakterzüge einstiger Hausener
hier und da in Hebels Werk wieder finden, sei
belegt.
Aus den Daten, dem "Gerippe eines Lebens" ,
blitzten Spuren einstiger Vorfälle auf, die ein
Bild damaliger Moralvorstellungen vermitteln
oder die Fantasie anregen, in Schubrings Worten:
"Eine Symphonie des Lebens, mal heftig, mal
schrill, mal freudig, mal bedächtig." So brachte
es eine Hausenerin im 17. Jahrhundert auf stolze
14 Geburten. Der Ehrenkranz und die üppige
Hochzeitsfeier für die züchtige Braut wiederum
wurde denen vorenthalten, in deren Fall der
Pfarrer im Kirchenbuch vermerkte: "Sie haben
sich vor der Ehe fleischlich vermischet." Das
gespannte Verhältnis zwischen den Konfessionen,
Unglücks- und Todesfälle, Krankheiten und einst
geläufige Berufe wie Weber und Hammerschmied
finden sich in diesem Werk, dazu Dramatisches
wie die Geschichte der Langenauer Hebamme, die
beim Entbinden eines Kindes — "aus einem Ohr
schien das Horn eines Rehbocks zu ragen" — in
Ohnmacht fiel.
Schubring bedankte sich bei Pfarrerin Susanne
Bühler und Pfarrsekretärin Irene Kienzler für
die Zusammenarbeit und bei der Gemeinde für die
Abnahme von 50 Exemplaren des Buchs. AG-Mitglied
Klaus Strütt mahnte: "Achten Sie auf Ihre
Archive, denn sie sind das Gedächtnis unserer
Zeit." Das nächste Projekt, so Strütt, sei die
Fortführung des Sippenbuchs für den Zeitraum von
1810 bis 1870.
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