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Presse aktuell 2010
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BZ vom 18.05.2010
"Vorgänger des Realismus"
BZ-Interview mit Erhard Richter zum Hebel-Vortrag
GRENZACH-WYHLEN. In der Hebel-Reihe der
Volkshochschule Hochrhein hält Erhard Richter am
Donnerstag, 20. Mai, 19.30 Uhr, im Zehnthaus
Wyhlen einen Vortrag zum Thema "Johann Peter
Hebel und der Realismus des 19. Jahrhunderts" .
Darin setzt er sich literaturgeschichtlich mit
dem Dichter auseinander. BZ-Mitarbeiterin
Roswitha Frey sprach mit Richter über seine
Beziehung zu Hebels Literatur.
BZ: Herr
Richter, Johann Peter Hebel wird derzeit
allerorten kräftig gefeiert. Wie ist Ihre
persönliche Verbindung zu Hebel?
Erhard Richter: Von klein auf haben wir zu Hause
Hebels Gedichte gehört und von der Mutter die
Kalendergeschichten vorgelesen bekommen. Da war
von Anfang an eine enge Verbundenheit. Daher
habe ich mich auch sehr gefreut, als ich den
Hebeldank und die Hebelgedenkplakette bekommen
habe. 1993 bin ich gebeten worden, beim
"Schatzkästlein" einen Vortrag zu halten, der in
der Hebelschrift abgedruckt ist, die jedes Jahr
erscheint. Das Thema hatte ich damals gewählt:
Hebel und der Realismus des 19. Jahrhunderts.
Meine Beziehung zu Hebel kommt auch durch den
alemannischen Dialekt, er hat ja wunderbare
alemannische Gedichte geschrieben.
BZ:
Grenzach-Wyhlen ist kein Hebel-Ort wie Hausen,
wo er aufgewachsen ist. Gibt es Verbindungen
Hebels zu Grenzach?
Richter: Ja, aus Briefwechseln weiß man, dass er
sehr gern die Pfarrei in Grenzach haben wollte,
was aber nicht zustande kam. Und er hat die
Osterpredigt 1788 in Grenzach gehalten, das war
die allererste Predigt, die er überhaupt
gehalten hat, seine Bewerbungspredigt. Damals
war er noch in Lörrach am Pädagogium. Er hat
sich später immer nach einer Dorfpfarrei
zurückgesehnt, das wäre seine Erfüllung gewesen.
BZ: Wird
Grenzach auch einmal in der Hebel Literatur
erwähnt?
Richter: Ja, es wird einmal erwähnt in der
Geschichte "Lange Kriegsfuhr" , in der ein
Soldat nach dem Dreißigjährigen Krieg mit seinem
Pferd zurückkehrt. In dieser Erzählung kommt
eine Stelle vor, in der vom Grenzacher Wein die
Rede ist. Da heißt es: "Von dem Grenzacher will
ich im hinteren Keller."
BZ: Welchen
Aspekt in Hebels Werk werden Sie in Ihrem
Vortrag herausgreifen?
Richter: Es geht in meinem Vortrag um den
literaturgeschichtlichen Vergleich Hebels mit
Dichtern wie Gottfried Keller, Theodor Storm,
Jeremias Gotthelf, Adalbert Stifter und Annette
von Droste-Hülshoff. Vor allem will ich drei
Aspekte herausheben: einmal die Personifikation
der Dinge. Die Wiese ist in Hebels Gedicht ein
Meidli, und der Rhein Gotthards großer Bueb.
Auch der Abendstern und der Morgenstern sind
personifiziert. Das zweite ist die enge
Verbundenheit mit der Heimat. Und als Drittes
die tiefe Verbundenheit mit der Schöpfung.
BZ: Wo sehen
Sie überhaupt Hebels Platz in der
Literaturepoche?
Richter: Schon im Studium habe ich gemerkt, dass
Hebel eine andere Auffassung der Welt hat als
die Romantiker. Im Zeitalter der Romantik war
Hebel bereits ein Realist, er beschreibt alles
realistisch und greifbar. Ich halte ihn nicht
für den Vater des Realismus, aber für einen
Vorgänger, der vieles vorweggenommen hat.
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