Presse aktuell 2010


 
Der Sonntag vom 9. Mai 2010

Hebel, Heimat, Hausen

Mit dem Fahrrad bereitet Benno Gessner Hausen auf das Hebelfest vor

Seit 40 Jahren lebt der Franke Benno Gessner in Hausen im Wiesental. Fast ebenso lange engagiert er sich schon für das Hebelfest. Für den Festumzug zum 250. Geburtstag Johann Peter Hebels und die große Feier war er diese Woche im Dauereinsatz.

JULIA JACOB

Es herrscht große Betriebsamkeit in der kleinen Wiesentalgemeinde. In den Vorgärten werden grün-weiße Fähnchen angebracht, die Bewohner wurden von der Gemeinde aufgerufen, die Straßen zu kehren und die Häuser zu schmücken. Den Ortseingang ziert ein Schwibbogen. Mit dem Fahrrad pendelt Benno Gessner zwischen den Feststationen, er will den Überblick nicht verlieren. Der Vorsitzende des Schwarzwaldvereins hat auch wenige Stunden, bevor es losgeht, noch alle Hände voll zu tun. „So langsam steigt die Anspannung.“ Dass die sich zur Hektik ausweiten könnte, glaubt er nicht. Er ist lang genug dabei, um zu wissen, dass es sich lohnt, früh mit der Organisation zu beginnen.

In den Lagerhallen der Brennet-AG, zwischen deckenhoch gestapelten Baumwollballen, haben er und seine Mitstreiter vom Schwarzwald- und Turnverein (Gessner nennt sie das „Actionteam“) in Kleinarbeit sechs prachtvolle Paradewagen angefertigt. Seit Januar dient die Halle der Brauchtumspflege. Was zählt, ist die Geschichtstreue, es geht um jedes Detail. ‚Von der Saat bis zum Brot“ lautet das Motto des Festumzugs, gezeigt werden Szenen aus dem ländlichen Leben von anno dazumal.

In Hausen ist dies selbstredend gleichzusetzen mit der Zeit, in der Johann Peter Hebel lebte. Viele der historischen Schaustücke, die bei den Umzügen am Sonntag und Montag durch den Ort gefahren werden, sind weit über 100 Jahre alt, erzählt Benno Gessner stolz. Doch was hat das Ganze mit Hebel zu tun? Benno Gessner wirft gedanklich einen Blick in die Chronik und zitiert Hebels Wunsch, alten Männern nach dem Kirchgang einen Schoppen Wein zu spendieren. In die Tat umgesetzt wurde das Vorhaben dann jedoch erst von der Basler Hebelstiftung, die es sich zur Aufgabe machte, die zwölf Dorfältesten an Hebels Geburtstag zu verköstigen. i86o, zu Hebels 100. Geburtstag, gab es dann das erste Hebelfest in Hausen. Es war der Beginn einer Tradition, die seither Hebel, Heimat und Hausen miteinander verbindet.

Obwohl die Wolken am Freitag noch immer über dem Ort hingen, macht sich Benno Gessner keine Sorgen. Seit 39 Jahren ist er beim Fest dabei, geregnet hat es noch nie. „Scheinbar gibt es da einen guten Draht‘: sagt er verschmitzt und deutet Richtung Himmel.

Robuste Zugtiere sind Mangelware

Kopfzerbrechen hingegen bereitete Gessner in diesem Frühjahr die Organisation von Zugtieren für die Gespanne. Die Sicherheitsauflagen verlangen, dass die Tiere paradeerprobt sind. Als schwierig erwies es sich jedoch, überhaupt Zugtiere zu bekommen, die robust genug sind, um die eisenbeschlagenen Wagen zu ziehen. Wieder schwingt sich Benno Gessner auf sein Velo und schlägt den Weg zum Hof der Familie Greiner ein. Dort will er der einzigen Kuh, die beim Umzug
dabei sein wird, einen Besuch abstatten. „Lina“ hingegen interessiert sich naturgemäß nicht für den Dichter und widmet sich lieber ausgiebig saftigen Grasbüscheln.

Für Benno Gessner ist es höchste Zeit, seinen Rundgang fort zu setzten. In der Festhalle möchte er nach dem Rechten sehen. Am Morgen haben dort Schulkinder ihr Theaterstück geprobt, jetzt will er die Tonanlage noch mal überprüfen. Im Vorbeifahren wirft er einen Blick auf Hebel. Der steht regungslos als Schattenriss auf dem Laubengang vor dem Hebelhaus und blickt auf das bunte Treiben in Hausens Gassen hinunter.