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Presse aktuell 2010
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Markgräfler
Tagblatt vom 8.5.10
Hebels Kalendergeschichten
„Lesung“ von Christian Wirth im Wirtshausmuseum
Kleines Wiesental
(bob). Ob Hebel einmal selbst in der „Krone“ in
Tegernau war, ist nicht belegt. Aber der
Frühschoppen am vergangenen Sonntag hätte ihm
sicher so gut gefallen wie den knapp 50 Gästen
in der heimeligen Wirtsstube des
Wirtshausmuseums, die der Hebel-Lesung von
Christian Wirth lauschten.
Wo besser könne man solche Erzählungen vortragen
als in einem alten Gasthaus, fragte Gastgeber
Hans Viardot vom Museumsverein.
Zu Hebels Lebzeiten habe sich die Gemeinde in
gleicher Weise im Gasthaus versammelt, wenn
Pfarrer oder Lehrer Geschichten oder Nachrichten
vorgelesen hätten.
Aber eigentlich war es gar keine Lesung, die
Christian Wirth hielt: Er erzählte Hebels
Kalendergeschichten aus dem Gedächtnis.
Der pensionierte Gymnasiallehrer in Schopfheim
und Schönau, wie Hebel am 10. Mai geboren,
verband seine Leidenschaft für den Dichter vor
zehn Jahren mit praktischem Gedächtnistraining:
„Das unverhoffte Wiedersehen“ und „Kannitverstaan“
machten damals den Anfang; heute ist sein
Repertoire auf acht Geschichten angewachsen.
„Ich wähle die Geschichten nach ihrem
Stellenwert aus“, sagt Wirth. So möchte er den
Schriftsteller Hebel in seinen vielen Formen
zeigen: Hebel als Moralist in „Der kluge
Richter“, Hebel als Humorist in „Wie der
Zundelfrieder und sein Bruder dem roten Dieter
abermals einen Streich spielen“, Hebel als
Satiriker in „Der geheilte Patient“, Hebel als
Historiker und Theologe in „Das unverhoffte
Wiedersehen“, Hebel als Psychologe in „Der Husar
in Neiße“.
Das Publikum genoss sichtlich die Atmosphäre in
der warmen, kleinen Wirtsstube. Wirth rezitierte
zwei Stunden fast fehlerfrei. Die Geschichten
ordnete er ein in ihren historischen Hintergrund
und in Hebels Biographie.
Mit seinem Vortrag wolle er andere animieren,
Hebel selbst vorzulesen. Zum Schluss
präsentierte Wirth noch einige alte Ausgaben zu
den Kalendergeschichten und ein echtes
„Schatzkästlein“ im entsprechend geformten
Lederschuber, das ihm ganz zufällig vor wenigen
Tagen von Bekannten in Berlin geschenkt worden
sei.
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