Presse aktuell 2010


 
BZ vom 7.5.10

Mehr Platz für Hebels Würdigung

Erster Rundgang durch das neugestaltete Literaturmuseum im Hebelhaus / Hebels eigene Erstausgabe der Alemannischen Gedichte

Von unserer Mitarbeiterin Roswitha Frey

HAUSEN. Wo Johann Peter Hebel einst in seiner Kindheit und Jugend gewohnt hat, können nun die Besucher auf den literarischen und biografischen Spuren des großen Dichters wandeln: Rechtzeitig zum Hebel-Jubiläumsfest ist das zum Literaturmuseum ausgebaute und völlig neu gestaltete Hebel-Haus in Hausen fertig geworden. Offiziell eröffnet wird es am Sonntag, 9. Mai, 18.30 Uhr.

Die Konzeption der neu geschaffenen Ausstellung lag in Händen eines Fachmanns: Thomas Schmidt vom Deutschen Literaturarchiv Marbach, Leiter der Arbeitsstelle für literarische Museen in Baden-Württemberg. "Sehr beeindruckt" zeigte sich gestern bei einer Presse-Orientierung auch Hausens Bürgermeister Martin Bühler von der neuen Gestaltung der Räume in diesem Haus aus dem 16. Jahrhundert, in dem die Familie Hebels einst ein Stockwerk bewohnte. Die Gemeinde Hausen hat sich zu diesem neuen Konzept entschlossen, weg vom früheren Heimatmuseum hin zu einer modern gestalteten und vielfältig vernetzten Literatur-Ausstellung, die sich auf sensible und spannende Weise Hebel und seiner Dichtung — vor allem den alemannischen Gedichten — nähert.

Es sei aber keine klassische Literatur-Ausstellung in dem Sinne, dass nur Bücher gezeigt würden, betont Schmidt, der mit einem renommierten Ausstellungsgestalter zusammen gearbeitet hat. Vielmehr war ihm wichtig, das Haus selbst als Exponat zu sehen, als "kulturelles Gedächtnis des Ortes" , in dem eine lebendige Hebel-Tradition gepflegt wird. Da keine originalen Möbel von Hebel aus dieser Zeit mehr vorhanden sind, hat man sich überlegt, wie man die einzelnen Räume einrichtet. Neben einigen Dauerleihgaben des Landes Baden-Württemberg haben vorwiegend authentische Dinge aus Hausen Eingang gefunden.

Im Eingangsraum im Erdgeschoss, der durch eine durchbrochene Wand und Zumietung vergrößert wurde und auch weiterhin als Veranstaltungsraum dient, findet sich eine Vitrine zur Geschichte des Hauses samt der historischen Kaufurkunde und einem kleinen Gemälde.

Eine weitere Vitrine, versehen mit informativen Texten, beinhaltet persönliche Dinge wie den reich geschnitzten Spazierstock Hebels, den er bei Wanderungen benutzte, eine von seinem Hausarzt zertifizierte Locke des Dichters und Original-Autografen wie ein Stammbuch-Eintrag und zwei Briefe Hebels, einer an die von ihm verehrte berühmte Schauspielerin Henriette Hendel-Schütz, ein anderer von 1804. Auch frühe Ausgaben des "Rheinländischen Hausfreunds" von 1816 und 1824 und eine Feldpostausgabe sind ausgestellt. In einer noch leeren Vitrine sollen besonders wertvolle Originale Platz finden. So wird für zwei Tage während des Hebelfestes Hebels eigene Erstausgabe seiner "Alemannischen Gedichte" von 1803 als Leihgabe der Badischen Landesbibliothek gezeigt. Beeindruckend gestaltet und "inszeniert" sind die Wohnräume der Familie Hebel im oberen Stock, wo Hebel bis zum 13. Lebensjahr im Winterhalbjahr gelebt hat.

Der vierte Raum in diesem Stock ist der Literatur vorbehalten, den alemannischen Gedichten Hebels, die so eng mit dem Wiesental verbunden und große Weltliteratur sind und von Goethe oder Jean Paul hoch geschätzt wurden. An Hörstationen kann man das Gedicht "Die Wiese" von Sprechern wie Markus Manfred Jung, Heidi Knoblich und Heidi Zöllner gesprochen hören. Im ausgebauten Dachgeschoss wirkt der Raum durch schwebende Vitrinen sehr in die Weite. Hier wird die kulturpolitische und literarische Bedeutung Hebels auf die Weltliteratur dargestellt, anhand von Zitaten von Franz Kafka, Walter Benjamin oder Kurt Tucholsky. Ebenso wird in Vitrinen auf die Hebel-Plakettenträger und die Hebelpreisträger verwiesen.

Auch eine Reminiszenz an das alljährliche Hebelfest gibt es — in Gestalt großer Fotofahnen, einer Medienstation, historischen Zeitungen und Fotos und einem Film mit Filmclips aus Hebelfesten von 1935 bis 2009.


Besichtigung: Nach der offiziellen Eröffnung haben Besucher am Montag, 10. Mai, von 10-17 Uhr Gelegenheit, das neu gestaltete Hebelhaus zu besichtigen. Geöffnet ist es Mittwoch, Samstag und Sonntag 10-17 Uhr.