Presse aktuell 2010


 
Die Oberbadische vom 04.05.2010

„Schmutz“ passt zu „Kuss“

Hebel-Sonderausstellung „Bewegter Geist - Bewegtes Leben“ feierlich eröffnet

Lörrach (zet). Im Hebeljahr 2010 zählt die jetzt eröffnete Ausstellung im Museum am Burghof zu den aufwändigsten Projekten. Schließlich betreut das Museum nach der Landesbibliothek Karlsruhe die größte Hebelsammlung. Rund 300 Exponate daraus können ab sofort in Augenschein genommen werden. Bei der Vernissage am Freitag zeugte der voll besetzte Hebelsaal vom Interesse.

Das Ausstellungskonzept fügt sich mit einer Mischung aus historischen Zeugnissen, Info-Tafeln und Mitmachstationen ins didaktische Prinzip der „ExpoTriRhena“. Unter den gezeigten Sammlungsstücken finden sich Originale ganz unterschiedlicher Provenienz. Handschriftliche Originalbriefe Hebels sind ebenso vertreten wie ein Scherenschnitt aus der Erlanger Studentenzeit oder der gepolsterte Lehnstuhl, den Hebel im „Pädagogium“ genutzt haben soll. Etliche haben mitgewirkt bei der Gestaltung der Mitmachstationen, dem zweiten Ausstellungsteil, wie Museumsleiter Markus Moehring betonte.

Zum Beispiel die Gewerbeschule Schopfheim, die ein alemannisch-schriftdeutsches Dominospiel angefertigt hat: Der alemannische „Schmutz“ passt zum Beispiel zum hochdeutschen „Kuss“. Die Informationstafeln mit nur ganz kurzen Textabsätzen zu versehen, war die Aufgabe des Hebelexperten Dr. Franz Littmann, der bei der Eröffnung ebenfalls zugegen war.

In seinem Vortrag über Hebels Beziehung zu Lörrach stellte Littmann weniger bekannte Passagen aus Briefen und den „Excerptheften“ vor, die Hebel in den ersten Berufsjahren anfertigte, und die übrigens ab 20. Mai in Karlsruhe ausgestellt werden. Littmann erinnerte an Hebels geheimbündische Proteuser-Gruppe und daran, dass Hebel wohl schon zu seiner Lörracher Zeit im Zuge der Beschäftigung mit Minnesängerliteratur alemannische Gedichte verfasst hat. Leider ist keines davon erhalten. Dafür dokumentieren die Quellen, dass Hebel als mäßig bezahlter Hilfslehrer kurzzeitig eine Neuorientierung in der Medizin erwog.

Ein weiterer Redner war Dr. Hansgeorg Schmidt-Bergmann, unter anderem Leiter des Museums für Literatur am Oberrhein. Während der Abschluss der 16-bändigen historisch-kritischen Gesamtausgabe noch nicht absehbar ist, zeichnen Littmann und Schmidt-Bergmann sowie ihr Kollege Jan Knopf für eine dreibändige Ausgabe verantwortlich, die noch in diesem Jahr erscheinen und unter anderem die „Excerpthefte“ enthalten soll. Schmidt-Bergmann ging auch auf die aufwändige Koordination des Jubiläumsjahrs ein. Die Arbeitsgruppe kam vor über vier Jahren zum ersten Mal zusammen und traf sich von da an regelmäßig im Hebelsaal.

Gudrun Heute-Bluhm erinnerte indes an die vielen Stationen, die in Lörrach auf Hebel verweisen, und begrüßte die Ehrengäste, darunter den Hausener Bürgermeister und Hebelkenner Martin Bühler sowie den Hebelbund-Präsidenten Hans-Jürgen Schmidt.