Presse aktuell 2010


 
BZ vom 26.4.10

Alemanne-Rap und eine neue Hebel-Biografie

Beim Muetterspoch-Obe glänzten Hans Ruf und Günter Wasmer / Bernhard Viel stellte "Das Glück der Vergänglichkeit" vor

HAUSEN. Er dauert an, der Besucherandrang bei den Muettersprochabenden der alemannischen Muttersprachgesellschaft, Gruppe Wiesental, in Hausen. So auch beim jüngsten Abend, als der evangelische Gemeindesaal fast wieder zu klein war und dasselbe zu befürchten ist, wenn es wieder in die alte Heimstätte, das Hebelhaus, zurückgeht. Wie dem auch sei, das Hebeljahr 2010, in dem Hebels 250. Geburtstag gefeiert wird, bestimmte auch die Aprilveranstaltung.

Denn kurzfristig ins Programm genommen wurde der der Literaturwissenschaftler Dr. Peter Viel, der sein jüngstes Hebelbuch vorstellte. Daneben zog die einmalig-unnachahmliche Art des unzertrennlichen Duos Hans Ruf (Heimatdichter) und Günter Wasmer (Titherspieler) die Muetterspröchler wieder in ihren Bann. Fast möchte man die seltene Vortragsart als "Alemanne-Rap" bezeichnen (Rap = Rhythmus und Poesie). Daneben gab es auch Solovorträge von Gedichten und Zitherspiel. Hans Rufs "Trost von Hebel" , unterlegt mit Wasmers virtuosem Zitterspiel, leitete die tiefgründig-besinnlichen Vorträge ein, gefolgt von "Nur e bizeli nochdenke & ." und "Sunndigsmorgerueh" zur Melodie "La Montanara" oder "De vergessene Buurehof" zum Zitterspiel "Im schönen Wiesental" . Nicht weniger zum Nachdenken regten die fröhlichen und humorvollen Gedichte und musikalischen Beiträge an wie "In Muetters Stübeli" , "D´Singstund" , "S´Trachtefeschd" , "De Vollmoo" , "Wenn alle Brünnlein fließen" und "Z´Mülle an de Poschd" .

Kurzfristig ins Programm genommen wurde die Vorstellung des am 23. März erschienen Hebelbuches "Johann Peter Hebel oder das Glück der Vergänglichkeit" durch seinen Verfasser Dr. Bernhard Viel. Dass ausgerechnet ein in Berlin lebender bayrischer Literaturwissenschaftler eine weitere Hebelbiographie den vielen anderen beifügte, hat man seiner alemannischen Frau und dem Interesse des C.H. Beck Verlages zu verdanken. Bernhard Viel, der Hebel mit Recht literaturwissenschaftlich in eine Reihe mit den Klassikern Goethe, Hölderlin, Kleist und Jean Paul stellt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, "Hebel erfahrbar und erfassbar zu machen" . Dabei wendet er sich an einen Personenkreis, der Hebel nur als Randnotiz aus dem Lesebuch kennt und das Alemannische nicht kennt. Insofern war es nicht gerade glücklich, dass er in "der falschen Kirche predigen musste" , vor profunden Hebelkennern, bei denen er in der notwendigen verkürzten Darstellung Widerspruch hervorrufen musste. In einer ruhigeren Nachbetrachtung wird so mancher Hebelkenner in der Hebelbiographie von Bernhard Viel einige weniger bekannte Seiten an Hebel entdecken. Bernhard Viel hat die schwierige Aufgabe, Hebel Menschen näher zu bringen, die den großen Dichter noch nicht kennen, bravourös gemeistert. Dafür wird ihm die Hebelgemeinde dankbar sein. Fritz Brutschin, der Leiter der Muettersproch-Gruppe Wiisedal, dankte allen Vortragenden, Helfern und Mitgliedern mit dem Gesangssolo "Kamerade wämer sii" . Zum Ausklang des gelungenen Abends folgte eine Reihe alemannischer Lieder mit dem obligatorischen Schlusslied der Wiesentäler-Muetterspröchler "Bajazzo".


Jörg Rittweger


Hinweis: Die Biografie "Johann Peter Hebel oder das Glück der Vergänglichkeit" ist im C.H. Beck Verlag, 2010, erschienen und umfasst 320 Seiten.