Presse aktuell 2010


 
BZ vom 20.4.10

Der wahren Natur von Hebel auf der Spur

Die Sonderausstellung "Nei, lueget au des Spinnli a" im städtischen Museum richtet den Blick auf den Naturkenner und früheren Ökologen Johann Peter Hebel

Von unserer Mitarbeiterin Roswitha Frey

SCHOPFHEIM. Neue Facetten im bekannten Hebel-Bild zeigt die Sonderausstellung "Nei, lueget au des Spinnli a!" im Museum der Stadt Schopfheim, die am Sonntag unter großem Interesse eröffnet wurde. Die liebevoll aufgebaute Schau zum 250. Geburtstag des großen Literaten richtet den Blick auf den ausgezeichneten Naturkenner, Naturforscher, engagierten Aufklärer und frühen Ökologen Johann Peter Hebel.

"Da bietet sich ein ganz anderes Bild von Hebel" , meinte Bürgermeister Christof Nitz bei der Eröffnung dieser Museumsschau, die ein besonderes "Highlight" im Hebel-Jahr sei. Die Konzeption dieser Ausstellung, die Hebels Beobachtungen, Erkundungen und Darstellungen der Natur unter die Lupe nimmt, stammt von Rosmarie Wiegand. Die Oberstudienrätin aus Mannheim und Schwester von Museumsleiterin Ulla K. Schmid stellte im Einführungsvortrag die naturwissenschaftlichen Aspekte in Hebels Leben und Werk vor.

Die Kindheit in Hausen und der tägliche Schulweg nach Schopfheim entlang der Wiese hätten wohl den Grundstein gelegt für Hebels Interesse an der Natur. Bereits als Hilfslehrer habe er sich im Selbststudium mit Botanik, Zoologie und Mineralogie beschäftigt. Vor allem die Botanik nahm Hebel stark gefangen, er legte sogar ein eigenes Herbarium an. Was der Dichter und Theologe an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert über Naturforschungen und Naturgeschichte schrieb, sei höchst bemerkenswert. In seiner Darstellung habe Hebel die Idee einer Evolution der Lebewesen vorweggenommen, die dann später von Darwin formuliert wurde. Auch betätigte er sich als Volksaufklärer, schrieb über den Nutzen des "Welschkorns" und die Verwendung der Maispflanze und gab medizinische Ratschläge. So warnte er die Mütter ausdrücklich vor dem damals üblichen Gebrauch von Holzwurmmehl als Kinderpuder. Und er klärte in Gedichten und Kalendergeschichten über die Nützlichkeit vermeintlich schädlicher und gefürchteter Tiere auf wie die Spinne, die Schlange, die Eidechse oder den Maulwurf. So schildert er in seiner Kalendergeschichte "Der Maulwurf" eine Gerichtsverhandlung, in der die Vorwürfe gegen den Maulwurf fachlich entkräftet werden. Hebels Geschichten seien "eine Ökologiestunde par excellence" , meinte Wiegand, und man könne ihn durchaus als einen frühen Ökologen bezeichnen.

Dies wird in der Ausstellung veranschaulicht, die von Museumsleiterin Ulla K. Schmid in kleinen Szenen optisch ansprechend gestaltet wurde. Schopfheim ist zwar kein typischer Hebel-Ort wie Hausen, so Schmid, aber es gibt doch Berührungen zu Schopfheim. So ging Hebel von 1773 bis 1774 auf die Lateinschule in Schopfheim, und wohnte hier sogar eine zeitlang bis zum Schulabschluss in der Wohnung seines Lehrers. Auch in Hebels Literatur wird die Stadt des Öfteren erwähnt, etwa in den Gedichten "Die Wiese" und "Die Feldhüter" .

Diesen Spuren Schopfheims in Hebels Literatur kann man in der Ausstellung folgen. In der Schau wird die Persönlichkeit Hebels auch einmal mit ihren weniger bekannten Aspekten gewürdigt: nicht nur der gefeierte und geschätzte Literat, sondern auch der Lehrer, der Naturbeobachter, der Mediziner, Botaniker, Zoologe, fundierte Kenner von Pflanzen und Tieren, und nicht zuletzt der gesellige Mensch — der in einer "Leseecke" die Besucher zum Stöbern in seinen Geschichten einlädt.

Vom Stadtarchiv Mannheim wurde ein besonderes Dokument ausgeliehen: die letzte Schulprüfung, die Hebel kurz vor seinem Tod im September 1826 im Mannheimer Lyzeum abgenommen hat. Das Mannheimer Lessing-Gymnasium stellte Schulwandtafeln mit naturwissenschaftlichen Abbildungen zur Verfügung und das Theodor-Heuss-Gymnasium Schopfheim steuerte Tierpräparate bei wie den Maulwurf, der nun auf einem Maulwurfshügel thront, oder den ausgestopften Storch. Passend zu diesen Biologie-Exponaten und den Herbarien gibt es Querverweise auf die Gedichte und Erzählungen Hebels, in denen die jeweiligen Tiere und Pflanzen vorkommen. Auch kostbare historische Original-Hebelausgaben aus der Museumssammlung wie ein frühes "Schatzkästlein" , eine Gedichtausgabe von 1821 oder originale Briefe sind in Vitrinen zu bewundern. Ausgestellt sind Tintengeschirr, Schreibutensilien sowie Hausrat aus der Zeit Hebels, ebenso diverse Hebel-Souvenirs mit dem Konterfei des verehrten Dichters.

Für das Museum überreichte Rosmarie Wiegand bei der Vernissage ein Tonmedaillon mit dem Porträt Hebels und Elmar Vogt eine Briefumschlag-Sonderherausgabe des Briefmarkenrings Hausen.


Die Ausstellung dauert bis zum 19. September, geöffnet Mittwoch 14-17, Samstag 10-17, Sonntag 10-12 und 14-17 Uhr.