Presse aktuell 2010


 
BZ vom 26.3.10

Drey-Klang in der Sorge die Sprache

"Literatur grenzenlos" führt drei Autorinnen und Autoren aus den Ländern des Dreilandes im Museum am Burghof zusammen

LÖRRACH. "Drey-Klang über alli Grenze" So hat der Hebelbund seine jüngste Veranstaltung im Rahmen seiner Reihe "Literatur grenzenlos" überschrieben. Drei Autoren aus den drei Ländern am Oberrhein lasen im Hebelsaal des Museums am Burghof.

Sie sorgen sich um ihre Sprache alle drei Dichter. Sie tun dies unterschiedlich, je nachdem, aus welchem Teil des Dreylands sie kommen. Selbst Hilda Jauslin aus Basel stellt das Verschwinden ihrer Sprache fest, jetzt wo selbst im "Kindsi" , also im Kindergarten, Schriftdeutsch mit den Kindern geredet werden soll. Sie schreibt in einem ihrer Texte von einem Basel, in welchem nur noch während der Fasnacht seine charakteristische Sprache zu hören und zu lesen sein werde.

Dabei zeigen gerade die Texte Hilda Jauslins, wie melodiös, voller Klangfarbe die heimische Sprache sein kann. Wenn sie vom Rhein schreibt, von all den Geräuschen des Wassers, von allem, was sich darin spiegelt und was es mit sich trägt, dann spielt sie mit ihrer Sprache, wird lautmalerisch und liebevoll detailreich. Jauslins Texte sind geprägt von ihrer Achtung und ihrer Zuneigung an ihre Stadt, die das Elsass, Haltingen und Ötlingen miteinschließt. Basel, das Herz der Region und der Rhein, seine Lebensader.

Auch Manfred Markus Jung, der Wiesentäler, sorgt sich um den Erhalt seiner Sprache. Sein Text "himmlischi Unterhaltig" richtet einen Appell an die Bewohnern hier, um Missverständnisse auszuräumen einfach die hiesige Sprache zu verwenden und damit auf den anderen zuzugehen. Heute, lange nach dem Erscheinen dieses Textes fürchtet der preisgekrönte Autor um die Verständlichkeit seiner Sprache in der Zukunft.

Sprachgewaltige Bilder schafft er mit seinen Texten wie zum Beispiel mit der Gegenüberstellung eines eigenen Textes mit einem von Peter Huchel. Jung liest seine Texte, als ob er sich selbst gezähmt hätte, als ob all seine Leidenschaft hinter seinen Worten zurückstehen müsse.

Anders Silvie Reff aus Buschwiler im Elsass, nördlich von Straßburg. Voller Leidenschaft ist die 1946 geborene Sängerin und Dichterin, wenn sie ihre Lieder am Klavier vorträgt. Szenenapplaus bekommt sie, wenn sie dem Enkel auf Elsässisch ein Schlaflied singt oder ein Liebeslied anstimmt oder ein Freiheitslied singt, dieses für ein junges Mädchen aus Tibet. Nicht nur von den Blumen vor dem Fenster will sie singen, sondern von allem was sie bewegt.

Verschwindet auf deutscher Seite und in Basel das Alemannische schleichend, weil es sich immer mehr mit der Schriftsprache vermengt, ist dem Elsässischen ein klares Ende beschieden, so zumindest legt es der Tenor in den Texte von Silvie Reff nahe. Am anrührendsten ist da gewiss die Geschichte von der Frau, die ihren langen Zopf abschneiden muss, als sie ins Altersheim kommt. Das Bild ist eindrucksvoll und übertragbar: Das Elsässische als alter Zopf, abgeschnitten und bald ausgetrocknet.

Martina David-Wenk