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Presse aktuell 2010
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Weiler Zeitung vom 24.3.10
Auch Hebel litt unter Burnout-Syndrom
Martin Jösels Zeitreise durch das Werk des bekannten Dichters / Kurzweilig, spannend und unterhaltsam
Weil am Rhein (jj).
Frühjahr ist Hebel-Zeit, dies gilt besonders im
Jubiläumsjahr des bekannten Dichters. Auf eine
Zeitreise durch sein Werk schickte der
Hebel-Kenner Martin Jösel die Zuhörer in der
Stadtbibliothek bei einem Vortrag zum Thema
Zeit, bei dem er auch die Modernität des 1710
geborenen Dichters herausarbeitete.
Bei Literaturveranstaltungen der Stadtbibliothek
ist Martin Jösel immer wieder ein gern gesehener
und gehörter Gast. Nach Solovorträgen über
Heine, Mörike, Hesse, Kästner und Morgenstern
präsentierte der Rezitator, der Geschichte und
Germanistik in Freiburg und Innsbruck studierte
und derzeit als Lehrer am Kant-Gymnasium tätig
ist, nun auch Ausschnitte aus dem literarischen
Schaffen Johann Peter Hebels.
Sowohl thematisch als auch inhaltlich gaben die
erzählte und gelebte Zeit in Werk und Leben des
klassischen Dichters die Struktur für die
wissenschaftlichen Ausführungen Jösels vor.
Angefangen vom Tagebuch des Vaters über die
ersten Predigten bis hin zu den biblischen
Geschichten spannte Jösel einen chronologischen
Erzählbogen, den er mit Textbeispielen zum Thema
Zeit unterlegte.
So gelang es ihm systematisch nachzuweisen, dass
Vergänglichkeit und Überlegungen zur Lebenszeit
des Menschen sich wie ein roter Faden durch das
Werk Hebels ziehen und sich in immer neuen
Textformen manifestieren. Gedichte, Tagebücher,
Rätsel und Briefe: Jösel stellte die
vielfältigen Darstellungsformen des Hebelschen
Werks vor und verknüpfte sie auf spannende Weise
mit der Frage nach inhaltlicher Kontinuität.
Exemplarisch zitierte Jösel Momentaufnahmen,
Endzeitvorstellungen und den Jahreskreislauf,
wie er vom „Kalendermann“ Hebel literarisch
umgesetzt wurde, und bot Einblicke in die
Zeitvorstellungen des Dichters. Trotz
wissenschaftlichem Ansatz blieb der Vortrag
stets verständlich und kurzweilig, nicht
zuletzt, weil es Martin Jösel gelang, das
Geschriebene zu entschlüsseln und in die heutige
Sprache zu übersetzen.
Hebels Reflexionen zur Trennung zwischen Privat
und Berufsleben bezeichnete Jösel als eine Form
des „Burnout“-Syndroms und schaffte es so, einen
Bezug zur Lebenswelt seiner Zuhörer
herzustellen, der Anklang fand. Für Unterhaltung
sorgte auch Jösels Premierenauftritt als
Rezitator Alemannischer Mundartgedichte aus der
Feder Hebels.
Für seine umfassenden Recherchen zu Hebels
Zeitvorstellungen hatte Jösel Archive und
Antiquariate durchforstet, einen Teil seiner
Ausbeute präsentierte er beim Vortragsabend
nicht im „Schatzkästlein“, sondern in seiner
persönlichen Büchertruhe, darunter auch einige
Raritäten, wie einen Druck aus dem Jahr 1804.
Mit seinem Vortrag ist es Jösel gelungen, einen
wesentlichen Aspekt des literarischen Werks
Hebels neu zu beleuchten.
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