Presse aktuell 2010


 
Die Oberbadische vom 19.3.10

Der Hausfreund: a family friend

John Hibberd über Gewinn und Verlust bei Übersetzung Hebels

Von Marie-José Rosenwald

Lörrach. Ein Bestseller sei sein Buch bestimmt nicht, obwohl er keine Auflagenzahlen kenne. Dennoch sei die Übersetzung des Werks von Johann Peter Hebel ein Gewinn und habe im angelsächsischen Raum ihre Leser gefunden, so John Hibberd.

Der bis 2003 an der Universität Bristol lehrende und forschende Hibberd referierte am dritten und letzten Abend der Cum-tempore- Reihe in der Aula des Hebel-Gymnasiums. In Seinem Vortrag „Wie der Hausfreund eine andere Sprache spricht“ gab er Mit Wortwitz und kenntnisreich Einblicke in Schwierigkeiten und Freuden der Übersetzung Hebels ins englische.

Das Ehepaar Freimann habe ihn auf John Hibberd aufmerksam gemacht, so Schulleiter Peter Kunze, und er freue sich, einen professionellen Übersetzer live in der Schule zu haben. 1994 übersetzte Hibberd 93 Erzählungen aus Hebels „Schatzkästlein“, Erzählungen in fast reinem hochdeutsch, mit wenigen alemannischen Ausdrücken. Das sei ihm zugute gekommen, so Hibberd, aber schon beim Übersetzen des Titels, mit „Treasure Chest“ (eher Schatztruhe) nicht ganz zutreffend, hätten die Probleme begonnen, ein „little“ davor oder „Treasure Box“ wären aber auch keine Lösung gewesen.

Hibberd glaubte, die Arbeit in seiner Freizeit machen zu können. Die „ernsthaften, humorvollen und schauerhaften Geschichten“ des alemannischen Dichters, so der Germanist und Kenner deutscher Literatur ab 1700, ließen sich aber so leicht nicht ins englische transferieren. Tage oder Wochen habe er über einzelnen Ausdrücken gegrübelt, so Hibberd, Wortschatz, Rhythmus und Syntax Hebels sollten auch im englischen seine Charakteristik behalten: Hausfreund (ist family friend passend?), geneigter Leser (good reader oder eher kind reader) Wirtshaus (Inn oder Pub), so einige Beispiele. Denn er habe von Beginn an die Texte in das heute gebräuchliche englisch übertragen wollen, wobei ihm half, dass sich das englische in den letzten Jahrhunderten nicht so grundsätzlich verändert habe. Eine „harte Nuss“, antwortete Hibberd auf die Frage einer Zuhörerin, seien Sprichwörter gewesen, wortwörtlich übersetzen sei nicht machbar gewesen, ein passendes englisches Pendant musste gefunden werden.

Hebel auf englisch in der Übersetzung Hibberds hörten die Besucher anhand von Tonbandaufnahmen des englischen Rundfunks vom Februar 2009: Sehr anschaulich der Vergleich zwischen dem Vortrag der Erzählung „Seltsamer Spazierritt“ (A strange walk and ride) einer Frau mit tiefer Stimme und musikalischer Untermalung und des Schauspielers Mark Williams (Arthur Weasley in den Harry-Potter- Filmen), die Vokale stark betonend. Auch wenn Rezensenten und Kommentatoren nicht immer zimperlich gewesen seien - Hebels Werk eine größere Bekanntheit im englischsprachigen Raum zu geben, hätten alle Übersetzungen geschafft, so Hibberd - und das sei der größte Gewinn seiner Arbeit.