Presse aktuell 2010


 
BZ vom 8.3.10

Mit Hebel auf dem Weg nach Steinen

Markus Manfred Jung las und erläuterte Werke des Dichters

Von unserer Mitarbeiterin Roswitha Frey

STEINEN. "Hebel hätte sicher seine Freude gehabt" , meinte VHS-Leiterin Sibylle Görlitz nach dem literarischen Hebel-Abend, mit dem die Volkshochschule Steinen ihre Veranstaltungsreihe zum Hebel-Jahr eröffnete. Zum Auftakt rezitierte und interpretierte der Mundartlyriker Markus Manfred Jung in der Aula der Grundschule das berühmte Gedicht "Die Vergänglichkeit" von Johann Peter Hebel; und die Saxofonmafia der Musikschule Mittleres Wiesental gestaltete den musikalischen Part der Lesung.


"Wenn man 250 Jahre Hebel feiert, merkt man: Man kennt ihn doch nicht so gut, wie man ihn kennen sollte" , stieg Markus Manfred Jung in seine Lesung und Werkanalyse von Hebels "Vergänglichkeit" ein. Der alemannische Dichter Hebel sei zwar immer geschätzt worden, doch den "Weltdichter" habe man in den Kalendergeschichten gesehen. Indes habe schon Goethe erkannt, wie literarisch bedeutend die alemannischen Gedichte Hebels seien. Am Beispiel eines der tiefgründigsten Gedichte "Die Vergänglichkeit" verdeutlichtet Jung, dass diese Texte gleichbedeutend neben der "Weltliteratur" der Kalendergeschichten stehen können. Zunächst las Jung das "Gespräch auf der Straße nach Basel zwischen Steinen und Brombach, in der Nacht" auf alemannisch und ließ den Sprachklang nachhaltig wirken. Vom Spannungsaufbau her sei das Gedicht wie ein Drama aufgebaut. Das Gespräch zwischen Vater und Sohn, die auf dem Ochsenkarren unterwegs sind, greife im fünffüßigen Jambus die gleichmäßige Bewegung des Karrens auf. Auslöser des Gesprächs ist der Anblick der Burgruine Rötteln. Der Bub fragt, der Vater antwortet dem Kind, was Tod und Vergänglichkeit bedeuten: "Alles schlicht sim Alter zue, und Alles nimmt en End, und nüt stoht still."

"Wie bringt man einem Kind bei, was der Tod ist?" , um diese Frage kreiste Jungs Werkdeutung. Dass Hebel diese Themen aufgreift, sah Jung biografisch begründet in persönlichen Erlebnissen des Dichters. Hebel war erst anderthalb Jahre alt, als sein Vater starb. Die Mutter zog ihn alleine groß, wurde dann aber selbst schwer krank und starb auf dem Weg von Basel ins Wiesental auf einem Ochsenkarren. Biografisch sind auch die Anspielungen auf Basel, die "schöni tolli Stadt" , wo Hebels in einem Haus "Im Totentanz" gewohnt haben. "Basel wird wie ein Mensch beschrieben, wie ein riesiger toter Mensch liegt die Stadt da", deutet Jung dieses poetisch-visionäre Bild der Stadt, die einmal "in’s Grab goht": "Der Tod als Schlaf - das tröstet das Kind" .

Der Vater erscheine manchmal als Pädagoge, wenn er seinem ungläubigen Bub den unvermeidlichen Tod und das Werden und Vergehen zu erklären versucht: "Da steckt Hebel dahinter, der ein großer Pädagoge war."

Um das ernste Thema Vergänglichkeit zwischendurch etwas aufzulockern, war der Auftritt der Saxophonmafia genau das Richtige. Die sechs jungen Saxofonisten der Musikschule Mittleres Wiesental spielten sehr gekonnt verschiedene Stücke von Bach, Henry Purcell, Haydn und Mozart und auf Wunsch der begeisterten Zuhörer noch eine Zugabe.