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Presse aktuell 2010
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Die Oberbadische vom 5.3.10
Kunstvolles Alemannisch
„Das Gewitter“ im Mittelpunkt des „Cum tempore“-Abends
Von Marie-José Rosenwald
Lörrach. Die
Evangelische Stadtkirche war am Dienstag bei
einem Abend in der Reihe „Cum tempore“ ein
adäquater Ort, um den vor 250 Jahren geborenen
Johann Peter Hebel zu ehren. Peter Kunze, der
Direktor des Hebelgymnasiums, begründete die
Wahl dieses Ortes damit, dass in dem alten
Kirchengebäude der evangelische Theologe Hebel
Gottesdienst gefeiert und im nebenan liegenden
Pädagogium, dem Vorgänger des Hebelgymnasiums,
von 1783 bis 1791 als Lehrer gearbeitet habe.
Hebels Gedicht „Das Gewitter“ hatte sich Markus
Manfred Jung, einst Abiturient am
Hebel-Gymnasium, selbst Lehrer und Verfasser von
Gedichten und Theaterstücken in alemannischer
Mundart, als Thema ausgesucht. Seinem Vortrag
voraus gingen drei alemannische Lieder Hebels,
beeindruckend vorgetragen von Silke Marchfeld,
begleitet von den einfühlsamen Gitarrenklängen
von Sebastian Roehl.
Jungs Interpretation des Gedichts „Das Gewitter“
band er in das von Rilke, Burckhardt Augustin
und Herr geführte Gespräch bei einem Pariser
Buchhändler ein. Suchend nach einem Vergleich
für den französischen Fabeldichter La Fontaine
rezitierte Rilke einige Zeilen aus einem Gedicht
Hebels, was auf die Herren mächtig Eindruck
machte, trotz des fremdartigen alemannischen
Sprachklangs.
Eine schon gespenstisch lautlose Szenerie
zeichne Hebel zu Beginn des Gedichts, so Jung.
Angesichts des nahenden Gewitters verstumme auch
der fröhliche Gesang des Vogels, der ebenso der
Furcht vor der Naturgewalt ausgesetzt sei wie
der Mensch. Hebel schaffe Spannung durch
kunstvolles Arrangement, Rhythmus und Klang der
Verse.
Ängstlich flehentlich würde Gott bei den ersten
Blitzen angerufen („Se helfis Gott, so bhüetis
Gott!“), im krassen Gegensatz zur Angst der
Erwachsenen zeichne Hebel das Bild des
friedlichen schlafenden Jungen („Lueg´s Büebli
in der Waglen a! Es schloft, und nimmt si nüt
drum a“).
Dem Blitzschlag und dem lauten Getöse draußen,
das dann doch letztendlich verstummt, setze
Hebel immer wieder das friedliche schlafende
Kind entgegen, Sinnbild für das Gottvertrauen
und das Weitergehen im Alltag, die Zuversicht,
das Gutes Tun, gutes Sein zur Folge habe.
Einzigartig sei, so Jung, wie kunstvoll Hebel
dafür die alemannische Sprache benutze.
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