Presse aktuell 2010


 
BZ vom 29.1.10

Eine Beziehung mit Missverständnissen

Literarisch-musikalische Annäherung an Johann Peter Hebel im Basler Museum Kleines Klingental

Ein Gast will in Basel ein Glas Bier trinken. Weil das Bier sauer ist, fragt er spaßig, ob er "ein wenig Salat und Öl" dazu haben kann. Worauf die Wirtin sagt: "In Basel kann man für Geld alles haben..." und den Gast teuer bezahlen lässt. "Teures Späßlein" heißt diese Geschichte aus dem "Schatzkästlein" von Johann Peter Hebel. Diese "einzige richtige Basler Geschichte" in Hebels Werk führte Martin Jösel in seinem Vortrag "Der Kalendermann in Basel" vor 220 Zuhörern im Museum Kleines Klingental als Beispiel dafür an, welche Rolle Hebels Geburtsstadt in seinem literarischen Schaffen spielt.

Hebel und Basel - das ist eine Beziehung mit Missverständnissen, meinte der in Grenzach-Wyhlen lebende Germanist, Literaturwissenschaftler und Gymnasiallehrer zum Auftakt des Hebel-Jahres. Jösel ging der Frage nach, welche Bedeutung Basel für Hebels Gesamtwerk hat. Diese Bedeutung liegt für ihn weniger in den motivischen Anspielungen in Geschichten und Briefen als im Vorbildcharakter des "Basler Hinkenden Boten" auf Hebels Kalender "Rheinländischer Hausfreund" , der 1808 erstmals erschien. Der "Hinkende Bote" sei also eine hilfreiche Hebamme für die schwierige Geburt dieses Kalenders gewesen. Jösel spürte in Hebels Kalendergeschichten auch versteckte biografische Bezüge zu Basel auf, so in der 1810 erschienenen Erzählung "Einträglicher Rätselhandel" über eine Fahrt im Schiff den Rhein hinab, die in Basel ihren Ausgangspunkt hat und im Wirtshaus zum Kopf ihren Anfang nimmt.

"Der Kalendermann liebte Wortspiele und Rätsel" , sagt Hebelfreund Jösel über den vor 250 Jahren geborenen Erzähler und Dichter, der gern kleine Scharaden und Rätselspiele veranstaltete: "Heute wäre er ein prächtiger Quizmaster" . Jedenfalls ist der "Rheinländische Hausfreund" zu Hebels Zeiten "fleißig gelesen" worden und hatte vor 200 Jahren eine halbe Million Leser. Jösel sprach auch über den "Träumer" Hebel, in dessen Traumaufzeichnungen Basel oft vorkommt. In einer dieser Traumgeschichten sitzt er in einem Basler Kaffeehaus und sieht Fische, die nach Luft schnappen; in einer anderen ein großes Rad, an dessen Rand sich Menschen und Fuhrwerke drehen und der Rhein morastig erscheint.

Auch musikalisch gab es an diesem Abend eine spannende Annäherung an das Thema "Hebel und Basel" . Der vielfach ausgezeichnete junge Weiler Organist und Pianist Johannes Lang komponierte auf Anregung Jösels drei Charakterstücke für Cello und Klavier, die sich in zeitgenössischer Klangsprache mit Hebel auseinandersetzen. Bei der Uraufführung hoben der Komponist selber am Klavier und die ebenfalls preisgekrönte junge Weiler Cellistin Isabel Gehweiler diese Neue Musik über Hebel enorm engagiert und expressiv aus der Klangtaufe. Im ersten Stück greift Lang Fragen, Motive und Stimmungen aus der berühmten Kalendergeschichte "Kannitverstan" auf. In "Der Totentanz" setzt er das optische Bild von Hebels Geburtshaus am Totentanz in Notenschrift um und kontrastiert schroffe Melodiefetzen und herbe Klänge auf dem Cello mit Tanzrhythmen auf dem Klavier - als Anspielung auf die Verbindung von Tanz und Tod. "Zwischen Basel und Karlsruhe" spielt auf Hebels biografische Stationen an und verbindet auf originelle Weise die Basler Hymne mit dem Badener Lied.