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Presse aktuell 2010
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Die Oberbadische
vom 2.1.10
Hebel - „Homer des Wiesentals“
Am 10. Mai vor 250 Jahren in Basel geboren / Dichterfürst bleibt hoch geschätzt und viel gelesen
Von Peter Ade
Kreis Lörrach. Das vor
wenigen Stunden festlich eingeläutete Jahr 2010
wird als Hebeljahr in die Geschichte eingehen.
Stadt und Region feiern den 250. Geburtstag des
großen alemannischen Dichterfürsten, der am 10.
Mai 1760 in Basel zur Welt kam, in Hausen im
Wiesental aufwuchs und am 22. September 1826 in
Schwetzingen starb.
In Peter Grathwols soeben erschienenen
Sammelband „Mit Johann Peter Hebel durchs Jahr“
- einem Nachdruck der ersten Ausgabe von 1990 -
wird deutlich, dass der Dichter ein Multitalent
war: Pädagoge, Theologe, Gutachter, Politiker
mit guter Bildung und Ausbildung. Er lebte und
predigte am großherzoglichen Hof zu Karlsruhe
und hörte den Menschen im Gasthaus zu, wo er
reichlich geistige Nahrung für seine bis heute
überaus beliebten Kalendergeschichten fand.
Pfarrer i.R. Hans J. Schmidt, seit 2001
Präsident des Hebelbundes, ist überzeugt: „Hebel
ist nach wie vor im Bewusstsein vieler Menschen
fest verwurzelt. Das Hebeljahr wird landauf,
landab offenbaren, dass der Dichter zu den ganz
Großen seiner Zeit gehört, allein schon deshalb,
weil er sich mit akribischer Genauigkeit und
Fleiß den vermeintlichen Kleinigkeiten des
Alltags, den Sorgen und Nöten der Menschen und
auch deren Freuden gewidmet hat.“
Hebelbund-Vizepräsident Ralph Breisinger kommt
zu dem Schluss: „Auch nach über 200 Jahren ist
der Dichterfürst aktuell: durch seine
Selbsterkenntnis sowie Verständigung zwischen
den Menschen und Völkern.“ In seinen
Kalendergeschichten und in den alemannischen
Texten und Versen vermittle er Eindrücke und
Erkenntnisse über das eigene Leben, über das
Leben in anderen Ländern und anderen
gesellschaftlichen Gruppen. Und Schmidt zitiert
den Karlsruher Gelehrten Dr. Franz Littmann, der
in seiner 2008 erschienenen Biografie die Frage
beleuchtet, ob Hebel der aufgeklärte Theologe
oder der theologische Aufklärer sei. Eines ist
gewiss: Für Hebel war das selbstständige
Individuum, war der mündige Christ das Ziel der
Aufklärung - der Mensch, der selbst für seine
moralischen Entscheidungen, für seine Kraft zum
Leben, für seine Heiterkeit und Gelassenheit
verantwortlich ist.
Schon zu Lebzeiten hat Hebel höchste Anerkennung
genossen. Die Liste berühmter Bewunderer ist
lang. Sie reicht, um nur wenige zu nennen, von
Walter Benjamin, Ernst Bloch, Berthold Brecht
und Goethe bis hin zu Theodor Heuss.
Die Bedeutung Hebels liegt einerseits darin,
dass er der Mundart seiner alemannischen Heimat
zu literarischer Größe verhalf und andererseits
in der Tatsache, dass er selbst den kleinsten
seiner Geschichten und Anekdoten den „Unterton
des Bleibenden, des Gültigen, des Ewig-
Menschlichen verlieh“ (Theodor Heuss). Seine
Kalendergeschichte „Kannitverstan“ übersetzte
Hebel selber in die lateinische Sprache.
Literarischen Ruhm erwarb er sich vor allem
durch seine Mundartdichtungen, insbesondere
seine „alemannischen Gedichte für Freunde
ländlicher Natur und Sitten“ (1802), die bis
heute zu den Meisterwerken regionaler Literatur
zählen.
Großen Erfolg erlangte er durch die vielfältigen
Geschichten seines „Rheinländischen Hausfreundes
oder neuen Calenders“ und durch sein
„Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes“
(1811). Hebels Erzähltalent reichte so weit,
dass man ihn bis heute als „Homer des
Wiesentals“ bezeichnet. 1760 wurde Hebel in
Basel geboren. 1761 starben der Vater und die
kleine Schwester an einer Epidemie. 1773 verlor
er auf einer Reise von Basel nach Hausen am
Wiese- Fluss seine Mutter. Ihren jähen Tod nahe
Brombach erlebte der Junge hautnah. Das
Geschehen prägte sein Leben.
1778 begann Hebel das Studium der Theologie in
Erlangen. In Karlsruhe wurde er als 31-Jähriger
Subdiakon und Lehrer, dann Professor und
letztlich Rektor des Gymnasiums. 1819 ernannte
man ihn zum ersten Prälaten der evangelischen
Kirche, was heute der Position des
Landesbischofs entspräche.
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