Presse aktuell 2013


BZ vom 7.5.13

Viele Fragen um eine Hebelgeschichte

Warum sich Johann Peter Hebel besonders für das Schicksal der Stadt Leiden interessierte, beschäftigte Martin Jösel

Von unserem Mitarbeiter Norbert Sedlak

WEIL AM RHEIN. In der heimeligen Atmosphäre des Altweiler Stapflehuses feierte die Markgräfler Trachtengruppe in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt ihren beliebten Hebelabend. Diesmal standen das Werk "Das Unglück der Stadt Leiden" des alemannischen Heimatdichters, der am 10. Mai seinen 253. Geburtstag feiern würde, sowie das gemeinsame Singen im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Es ist eine angenehme Tradition im Geburtsmonat des unvergessenen Heimatdichters, einen Hebelabend zu veranstalten, erzählte Paula Röttele, die für den erkrankten Vorsitzenden des Markgräfler Trachtenvereins die Gäste im dicht besetzten Saal begrüßte und auch durch den Abend führte. Das Brauchtum mit Leben zu erfüllen und den unvergessenen Heimatdichter in Erinnerung zu bewahren, sei eine sehr interessante Aufgabe, betonte Paula Röttele weiter. Dank Gustave Fecht, Hebels Jugendfreundin, sei Weil auch ein Hebelort, und der schöne Brauch werde deshalb nicht nur in Hausen oder Basel gefeiert, so Kulturamtsleiter Tonio Paßlick.

Und dieser Anlass erfreut sich mittlerweile enormer Beliebtheit, so dass auch am Sonntagabend nachgestuhlt werden musste und trotzdem nicht alle "Hebelfans" einen Platz fanden.

In der Vrenelitracht trug die elfjährige Marlena Wade zusammen mit Paula Röttele das Gedicht "Der Mann im Mond" auf Alemannisch vor.

Martin Jösel, Lehrer des Kant Gymnasiums, rezitierte und erzählte über das Unglück der Stadt Leiden, über das Journalisten sachlich berichteten und das Hebel in eine beeindruckende Geschichte verpackte: Diese holländische Stadt heißt schon seit undenklichen Zeiten Leiden, aber niemand wusste warum, bis zum 12. Jänner des Jahrs 1807. Ein Schiff mit 70 Fässern Pulver war in der Stadt. Es war ein Tag wie jeder andere, als nachmittags die Tragödie begann, das Schiff explodierte, Menschen getötet und Häuser zerstört wurden. Obgleich Krieg zwischen England und Holland war, so kamen doch von London ganze Schiffe voll Hilfsmittel und große Geldsummen für die Unglücklichen, und das sei schön so, denn der Krieg solle nie ins Herz der Menschen kommen, so Hebel.

Jösel ging der Frage, woher Hebel das Unglück kannte und weshalb er es ausschmückte, auf den Grund. Er recherchierte in Hebelbriefen, im Kalender, im Schweizer Boten und bei Google. In einer Predigt von Hebel von 1791 wurde Jösel fündig, hier fand er die theologischen Zusammenhänge. Das Kernmotiv der Erzählung, so Jösel, laute: "Lass es Gott nur walten" . Die Geschichte sei uns vorgegeben. Gott lege uns eine Last auf, aber er helfe auch. Mit Vertrauen auf Gott könne man ein gutes Leben weiterführen. Paula Röttele trug zum Abschluss zwei seiner mehr als 90 Briefe an seine Jugendfreundin Gustave Fecht vor. Darin erzählte er nicht nur über seine Freuden und seine Erlebnisse, sondern er klagte und schüttete ihr auch sein Herz aus. Mit Begleitung von Heidi Engler-Ludin aus Lörrach-Stetten am Klavier wurden zwischendurch liebevoll Heimatlieder gesungen. Bei Gugelhupf und einem Gläschen Wein klang der Abend langsam aus.