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Presse aktuell 2012
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Die Oberbadische vom 9.10.12
Hebel und „Das Glück der Vergänglichkeit“
„Literarische Begegnungen“: der Historiker und Literatur-Wissenschaftler Bernhard Viel beim Hebelbund
Lörrach (lu). Johann Peter Hebel nicht nur
verehren, sondern ihn auch immer wieder neu und
auf andere Art zu verstehen: Diese Ziele hat
sich der Hebelbund Lörrach auf die Fahnen
geschrieben. Jetzt gastierte im Rahmen der Reihe
"Literarische Begegnungen" der Historiker und
Literatur-Wissenschaftler Bernhard Viel im
Hebelsaal des Museums am Burghof.
Der 54-Jährige las und sprach zum Thema "Das
Glück der Vergänglichkeit", dem Titel seiner vor
2010 erschienenen wichtigen Biografie über den
Dichter, Theologen und Pädagogen Hebel. Nach
kurzer Einführung durch Volker Habermaier,
Vizepräsident des Hebelbundes, lauschten zwei
Dutzend Zuhörer den Ausführungen Viels. Erneut
wurde deutlich, wie breit interpretierbar dieser
Heimatdichter Hebel eigentlich ist und wie viel
in seinen Texten drinsteckt. "Hebel kann in
jeder Zeit und durch jede Generation immer
wieder neu entdeckt und interpretiert werden",
betonte der Autor.
Bei aller Leistung zu einem gottgegebenen und
sinnstiftenden Weltbild und zum besseren
Verständnis der Welt, die Johann Peter Hebel
seinerzeit vollbracht hat, ließ der Referent
aber auch die Zwiespältigkeit und Gebrochenheit
Hebels, ursächlich begründet im frühen Tod der
Mutter, nicht unerwähnt.
Bernhard Viel nimmt dieses Lebenstrauma als
Ausgangspunkt seiner Darstellung und zeigt, dass
gerade das traumatische Erlebnis des Todes
Kräfte freisetzte, die Hebel zum Schöpfer
staunenswert kühner Verse und zum Erfinder der
modernen Kurzgeschichte machten. "Hebel hat
damit Katastrophen entschieden aufgewertet", so
Viel. Ein Unglück, wie etwa in dem Text
"Unverhofftes Wiedersehen", sei immer auch die
Bedingung für eine geniale, unbrüchige Liebe.
Mit einer solchen Denkweise habe Hebel auch 100
Jahre später Franz Kafka inspiriert, der
geradezu, so Viel, von Hebel‘schen Texten
fasziniert gewesen sei. Beide Schriftsteller
liebten förmlich das Paradoxon. In einer
Situation des Absurden und der Ausweglosigkeit,
noch das Positive für eine geglückte Welt zu
sehen, war Beiden immanent. So beinhalten
scheinbare Widersprüche zumindest einen Funken
Wahrheit, wird das mathematisch-logisch Mögliche
dem physikalisch Unmöglichen gegenübergestellt,
wie in dem Paradoxon vom schnellen Achill, der
die Schildkröte nie einholen kann
Am Sonntag, 4.
November, um 17 Uhr gastiert Markus Ramseier,
Hebeldank-Träger von 2011, beim Hebelbund.
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