Presse aktuell 2012


BZ vom 21.2.12

Vom Finden und Verlieren


Der Schweizer Autor Urs Faes beim Hebelbund /
Literatur grenzenlos unter neuer Regie


LÖRRACH (BZ). Eine Ära ist zu Ende gegangen: Ralph Breisinger hat nach 15 Jahren die Leitung der Veranstaltungsreihe "Literatur grenzenlos" des Hebelbundes Lörrach abgegeben. An seiner Stelle hat der Germanist und Historiker Volker Habermaier, Studiendirektor am Schopfheimer Theodor-Heuss-Gymnasium, in Zusammenarbeit mit Hebelbundspräsident Hans-Jürgen Schmidt vier Lesungen namhafter Schriftsteller für das Jahr 2012 konzipiert.

Habermaier stellte im Hebelsaal des Museums am Burghof den Schweizer Autor Urs Faes vor. Er sei ein stiller, aber intensiver Erzähler, sagte er, schreibe unaufdringlich leise, aber bewegend. Faes erzähle "spannende Geschichten, häufig Geschichten vom unverhofften Wiedersehen, vom Finden und Verlieren, vom Wiederfinden und Wiederverlieren." Auch das Erinnern sei Thema bei Urs Faes: "Das Erzählen selbst also wird zum Thema bei dieser Erinnerungsarbeit," sagte Habermaier

Urs Faes wird in wenigen Tagen 65 Jahre alt. Geboren wurde er in Aarau. Heute lebt er in Zürich und einen Teil des Jahres in San Feliciano in Umbrien. Er studierte Geschichte, Germanistik, Philosophie und Ethnologie und wurde an der Universität Zürich promoviert. Sein Werk umfasst nahezu alle Gattungen, vor allem Romane, und ist vielfach ausgezeichnet worden. In Lörrach las Urs Faes aus mehreren Romanen, die zusammen ein Bild seines Schreibens und seiner Beziehung zu Johann Peter Hebel ergaben. Der Anfang des Romans "Sommerwende" von 1989 handelte vom "Unheil, das Menschen aus der Bahn werfen könne" , so Urs Faes. Im Roman "Liebesarchiv" von 2007 wird von einem Schriftsteller erzählt, der bei einer Lesung auf eine alte Frau trifft, die sich als Geliebte seines schon lange verstorbenen Vaters vorstellt. Auch hier drängt die Vergangenheit unversehens an die Oberfläche des Bewusstseins.

Zum Schluss las Urs Faes aus dem Roman "Paarbildung" (2010) die Szene vor, in der ein Gesprächstherapeut in einer Krebspatientin auf eine ehemalige Geliebte trifft. Das Hebelsche "Unverhoffte Wiedersehen" spielte so in allen drei Romanen eine unübersehbare Rolle.

Urs Faes sprach vor dem aufmerksam lauschenden Publikum von seiner Beziehung zu Johann Peter Hebel, ohne allerdings diese Verbindung zu sehr zu betonen. Moderator Volker Habermaier lud zum Abschluss der Veranstaltung des Hebelbundes Lörrach die Anwesenden zu einem Glas Wein und anregenden Gesprächen ein. Urs Faes bekannte beim Abschied von Lörrach, er habe sich an der ehemaligen Wirkungsstätte Hebels sehr wohl gefühlt.